100 Tonnen in einem Jahr: Belgien wird beschlagnahmte Berge von Kokain nicht los – und fürchtet Überfälle auf Lager

21.11.2022 12:34

Die Behörden in Belgien stehen angesichts des steigenden Kokain-Schmuggeld vor einem Problem: Sie können das Koks nicht mehr so schnell verbrennen, wie sie es beschlagnahmen.

Das illegale Geschäft mit Kokain boomt. Allein in Kolumbien werden nach Schätzung von Experten etwa 2000 Tonnen des Rauschgifts hergestellt. Und Europa wird für die Schmuggler immer relevanter: Aus Südamerika landet das Koks in europäischen Häfen, wird dann weiter in die Welt verteilt. In Belgien wurden dieses Jahr Rekordmengen beschlagnahmt. Und die stellen die Behörden vor eine ungeahnte Herausforderung.

"Wir suchen verzweifelt mehr Kapazitäten zur Verbrennung", sagte der belgische Justizminister Vincent Van Quickenborne gegenüber "De Standaard". "Kokain zu verbrennen, setzt Substanzen frei, die die Filteranlagen der Verbrennungsöfen beschädigen können. Wir können daher höchstens 1000-1500 Kilogramm in einem Rutsch verbrennen." Die Zeitslots reichten deshalb kaum aus. "Je mehr wir beschlagnahmen, desto mehr Zeit brauchen wir. Und es gibt eine Unmenge an Kokain."

Ein Rekordfund nach dem nächsten

Alleine im Hafen von Antwerpen hat die Polizei dieses Jahr fast 90 Tonnen Kokain beschlagnahmt, es wird erwartet, dass es bis Ende des Jahres über 100 Tonnen werden. Zum Vergleich: In Hamburg wurde letztes Jahr ein deutscher Höchststand von 19 Tonnen erreicht - also nur ein knappes Fünftel. Der Straßenwert des alleine in Antwerpen beschlagnahmten Kokain wird auf fast 5 Milliarden Euro geschätzt.

Das wissen auch die Kriminellen. Weil die Asservatenkammern sich immer weiter füllen, säßen die Behörden bereits jetzt auf "Bergen aus Kokain", warnte ein Staatsanwalt den Justizminister vor einigen Wochen. Seine Befürchtung: Kriminelle Banden könnten versuchen, die mit dem teuren Stoff gefüllten Warenhäuser zu überfallen. Dass den Banden in Belgien das durchaus zuzutrauen ist, haben sie bereits bewiesen: Ende September hatten Mitglieder einer Gang versucht, Minister Quickenborne mit Kalaschnikows vor dessen Haus zu entführen.

Nur ein Bruchteil wird entdeckt

Dass Antwerpen als Umschlagplatz boomt, liegt sicher auch an der zunehmenden Automatisierung des Hafens. Der zweitgrößte Umschlagplatz für Schiffsfracht in Europa läuft nahezu vollständig automatisch ab, nur ein winziger Bruchteil der Ladungen werden überhaupt kontrolliert.  "Wir wissen, dass das nur die Spitze des Eisberges ist", sagte Europol-Sprecher Jan Op gen Oorth der "DPA". Dass ein Teil des geschmuggelten Kokains gefunden wird, sei für die Kartelle Teil des Geschäfts. "Die sagen sich: 'Was soll's?'", erklärt Op gen Oorth. "Diese Verluste nehmen sie in Kauf."

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