Amalgam-Füllung: Entfernen lassen oder besser behalten?

17.09.2019 09:40

Amalgam gehörte bis vor einigen Jahren zur Standardfüllung beim Zahnarzt. Viele Patienten haben jedoch Bedenken, denn Amalgam enthält giftiges Quecksilber. Aber wie gefährlich sind Füllungen aus Amalgam wirklich und sollten sie durch andere Füllstoffe ersetzt werden?

Amalgam ist eine Mischung aus verschiedenen Metallen wie Quecksilber, Kupfer, Zinn und Silber. Die Zahnmedizin nutzt den Stoff schon seit Jahrhunderten, um damit Karieslöcher an Zähnen zu füllen. Eine Amalgam-Füllung ist günstig, lässt sich leicht formen und passt sich dadurch der Zahnlücke ideal an. Eine sogenannte „Plombe“ aus Amalgam lässt sich schnell anfertigen und ist lange haltbar. Der Stoff kann außerdem Karies abtöten und so im Gegensatz zu Kunststoff weitere Zerstörungen am Zahn verhindern.

Wie gefährlich ist Amalgam?

Im Normalfall ist eine Amalgam-Füllung relativ ungefährlich, da sich das enthaltende Quecksilber nicht herauslöst. Beim Kauen kann es allerdings passieren, dass sich durch die Reibung winzige Quecksilber-Teilchen aus der Füllung lösen. Schlucken wir diese herunter, gelangen sie in unseren Magen-Darm-Trakt, von wo aus sie nur teilweise ausgeschieden werden können. Der restliche Teil kann sich im Körper anlagern, zum Beispiel im Fettgewebe. Wird die Füllung beschädigt, zum Beispiel beim Bohren, können Quecksilberdämpfe austreten, die über die Lunge in den Blutkreislauf gelangen.

Vergiftungen durch Amalgamfüllung?

Quecksilber ist in hohen Mengen giftig und kann zu zitternden Händen, Nervenschädigungen, Sehstörungen bis hin zu Lähmungen und Nierenversagen führen. In Zahnfüllungen ist der Quecksilberanteil normalerweise aber zu gering, um derlei schwere Symptome zu verursachen.

Leichtere mögliche Symptome sind Kopfschmerzen, Abgeschlagenheit, Schlafstörungen und Konzentrationsschwierigkeiten. Allerdings sind diese Symptome nicht immer auf eine Vergiftung zurückzuführen. Gerade bei Kopfschmerzen und Verspannungen sollte der Zahnarzt zuerst abklären, ob die Zähne korrekt aufeinander liegen. Tun sie dies nicht, kann er sie abschleifen. Dadurch nimmt er den Druck, der auf die Nerven ausgeübt wird, und der eigentliche Grund für die Schmerzen verschwindet.

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Schwächung des Immunsystems

Studien im Labor haben ergeben, dass Quecksilber die Lymphozyten schwächt – einen wichtigen Teil des Immunsystems. Setzt sich das Schwermetall an den weißen Blutkörperchen fest, können sie schädlichen Viren und Bakterien weniger effektiv bekämpfen.

Außerdem steht Quecksilber in Verdacht, Autoimmunerkrankungen wie Multiple Sklerose, Diabetes-Typ-1 und chronisch entzündliche Darmkrankheiten wie Colitis Ulcerosa oder Morbus Crohn zu fördern.

Weitere negative Auswirkungen von Amalgam

Alternativmediziner sind schon lange der Meinung, dass Amalgam das Risiko für diverse Krankheiten wie ADHS, Alzheimer, Fibromyalgie, Depressionen, Bluthochdruck oder Krebs erhöht. Bewiesen sind diese Annahmen bis heute aber nicht, allerdings auch nicht völlig ausgeschlossen. Seit Juli 2018 darf Amalgam übrigens EU-weit nicht mehr bei schwangeren und stillenden Frauen sowie bei Kindern und Jugendlichen unter 15 Jahren verwendet werden, um mögliche (Folge-)Schäden auszuschließen.

Einige Studien deuten zudem darauf hin, dass Amalgam Bakterien resistenter gegenüber Antibiotika macht.*

*Das enthaltene Quecksilber wirkt antibiotisch – es kann also Bakterien abtöten. Allerdings können die Bakterien Resistenzen gegen das Quecksilber entwickeln und werden zugleich unempfindlich gegenüber Antibiotika. Weshalb das geschieht, konnte die Wissenschaft noch nicht ausreichend erklären.

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Mittlerweile erhärtet sich auch die Annahme, dass bereits das Wissen um eine Amalgam-Füllung negative Auswirkungen auf die Psyche haben kann. So fühlen sich Menschen (trotz zum Teil geringer Amalgambelastung) mitunter körperlich schlecht, was sie selbst auf den Stoff zurückführen.

Wechsel ja oder nein?

Ob ein Wechsel weg von Amalgam sinnvoll ist, besprechen Patienten am besten mit ihrem Haus- und Zahnarzt. Laut mehrerer großer Studien stellen intakte Amalgam-Füllungen keine erhebliche Gefährdung dar, weshalb Zahnärzte sie weiterhin einsetzen dürfen. Menschen mit einer Amalgam-Füllung haben zwar nachweislich mehr Quecksilber im Körper als andere Menschen. Dennoch liegen die Belastungen normalerweise weit unter den von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) festgeschriebenen Grenzwerten. Wird die Amalgam-Füllung jedoch beschädigt und setzt zu viel Quecksilber frei, kann das tatsächlich negative gesundheitliche Folgen haben.

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Daher sollten Sie sensibilisiert sein und die Anzeichen Ihres Körpers richtig deuten. Auch wenn es nur ein Bauchgefühl ist: Gegebenenfalls kann ein Wechsel zu Gold oder Keramik eine Lösung sein, wenn man sich damit sicherer fühlt.

Die Frage nach einem Wechsel weg vom Amalgam hin zu einer alternativen Zahnfüllung ist nicht zuletzt auch eine ästhetische: Denn Amalgam hat eine dunkelsilberne Farbe und hebt sich durch den metallischen Glanz stark vom Weiß des Zahns ab. Für Menschen, die stark auf ihr Erscheinungsbild achten, ist Amalgam also sicherlich nicht die optimale Lösung, zumal sich der Stoff auch auf den Mundraum selbst abfärben kann. Laut Experten ist dies aber ungefährlich.

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Hinweise zur Amalgam-Entfernung

Die meisten Zahnmediziner raten davon ab, intakte Füllungen vorzeitig entfernen zu lassen, denn: Beim Aufbohren der Füllungen kann vermehrt Quecksilber-Dampf entstehen. Die Folge: Der Körper wird verstärkt mit Quecksilber belastet und Vergiftungserscheinungen können sich verschlimmern.

Wünscht der Patient dennoch eine Entfernung oder ist sie aus medizinischen Gründen unvermeidbar, muss der Zahnarzt besonders sorgfältig arbeiten. Er sollte zum Beispiel den Mundraum des Patienten mit einem Schutzgummi (Kofferdam) auskleiden, bei dem nur der zu behandelnde Zahn frei liegt. Zudem sollten alle Beteiligten über ein spezielles Gerät saubere Atemluft erhalten, damit sie keine Quecksilberdämpfe einatmen.

Vor und nach der Amalgam-Entfernung empfehlen manche Mediziner die Einnahme von speziellen Ausleitungspräparaten. Diese können Quecksilber binden und dem Körper helfen, das Schwermetall auszuscheiden. Dazu zählen DMPS (Dimercaptopropansulfonsäure) oder Chlorella-Algen. Eine Ausleitungstherapie sollte keinesfalls selbst durchgeführt werden, sondern von einem erfahrenen und kompetenten Mediziner. Dieser kann am besten darüber entscheiden, welche Präparate eingenommen werden sollten und wie lange.

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