Barbados trennt sich endgültig von der britischen Krone

01.12.2021 08:13

Barbados hat sich vom britischen Königshaus gelöst. Prinz Charles war einer der Ehrengäste der Zeremonie. Der Thronfolger sprach auch über die Gräuel der Sklaverei.

Seit dem frühen Morgen ist Barbados eine Republik – die Queen ist nicht mehr das Staatsoberhaupt der Karibikinsel. In den britischen Medien ist die Zeremonie in der ehemaligen britischen Kronkolonie ein wichtiges Thema an diesem Dienstag. Nicht nur, weil in Großbritannien viele Menschen mit Wurzeln aus Barbados leben, sondern auch, weil Prinz Charles dort so deutliche Worte über die Sklaverei fand.

Vor den Augen des britischen Thronfolgers wurde die königliche gelbe Flagge zusammengefaltet, und "Little England", wie Barbados auch genannt wird, sagte sich von der Krone los. "Tief bewegt" sei er, weil er Gast bei den Feierlichkeiten sein dürfe, betonte Charles in seiner Ansprache in Bridgetown, der Hauptstadt der 285.000 Einwohner-Insel.

Barbados war 1966 unabhängig geworden

Zwar hatte Barbados bereits vor 55 Jahren seine Unabhängigkeit von Großbritannien erlangt, die Queen blieb danach aber formal das Staatsoberhaupt. Viele Menschen auf der Insel sind Nachfahren von Sklaven, die das britische Empire mehr als zwei Jahrhunderte bis zur Abschaffung der Sklaverei 1834 aus Afrika in die Karibik verschleppt hatte. Dass jetzt Queen Elizabeth II nicht mehr offizielles Staatsoberhaupt ist, bedeutet für viele Bürger dort die finale Loslösung vom kolonialen Erbe.

Charles sprach auf dem Platz der Nationalhelden in Bridgetown, der einst Trafalgar Square hieß und auf dem bis vor einem Jahr auch noch die Statue des britischen Admirals Horatio Nelson stand. Sie war inmitten von Protesten gegen Rassismus und Kolonialismus auf der ganzen Welt von der Regierung von dem zentralen Platz entfernt worden.

"Aus den dunkelsten Tagen unserer Vergangenheit und der entsetzlichen Grausamkeit der Sklaverei, die unsere Geschichte für immer befleckt, haben sich die Menschen dieser Insel mit außerordentlicher Tapferkeit ihren Weg gebahnt", rief der Prinz den Menschen zu. "Emanzipation, Selbstbestimmung und eine eigene Regierung waren Ihre Meilensteine”, sagte Charles. "Freiheit, Gerechtigkeit und Selbstbestimmung waren Ihre Wegweiser".

Vor 394 Jahren waren die ersten englischen Siedler nach Barbados gekommen. Bald bereicherten sie sich am Zuckeranbau durch afrikanische Sklaven. In seinem Buch "Die erste Gesellschaft schwarzer Sklaven" von 2016 beschrieb der barbadische Historiker Hilary Beckles die Insel zwischen 1636 und 1876 als "die systematisch gewalttätigste, brutalste und rassistisch unmenschlichste Gesellschaft der Neuzeit".

Von der Queen, die mittlerweile 95 Jahre alt ist, richtete Charles gute Wünsche aus an die jetzt offiziell komplett von Großbritannien getrennte Nation. In ihrer Amtszeit musste Elizabeth II bereits zahlreiche Staaten ziehen lassen. Ihr Herrschaftsgebiet ist damit geschrumpft: Neben dem Vereinigten Königreich ist sie nun noch Staatsoberhaupt von 14 statt wie bisher 15 weiteren Ländern, darunter Kanada und Australien. Beobachtern zufolge könnten sich nach dem Tod der beliebten Monarchin weitere Länder von der britischen Krone abwenden. 

Die engen Verbindungen zwischen Großbritannien und Barbados bleiben bestehen

Zuletzt hatte sich im Jahr 1992 mit Mauritius ein Commonwealth-Mitglied von der Monarchie losgesagt. Das Commonwealth of Nations ist eine lose Verbindung von Staaten, die aus Großbritanniens ehemaligen Kolonien hervorgegangen sind. An der Spitze der Organisation steht Elizabeth II.

Barbados wird allerdings auch weiterhin enge Beziehungen zu Großbritannien pflegen. Das Land, das stark vom Tourismus lebt – und dabei vor allem von britischen Reisenden – leidet derzeit stark unter der Coronakrise. Die Arbeitslosigkeit stieg von 9 auf aktuell knapp 16 Prozent. Viele Menschen auf Barbados waren daher auch der Ansicht, es gebe derzeit wichtigere Themen als die – vor allem symbolische – endgültige Loslösung von London.

Rihanna wird zur Nationalheldin von Barbados erklärt

Dennoch – das Ereignis wurde groß gefeiert mit Feuerwerk und Ehrensalven. Sogar die wegen der Pandemie verhängte Sperrstunde wurde eigens ausgesetzt. Für die breite Öffentlichkeit waren die Feierlichkeiten aber nicht zugänglich. Neben Prinz Charles und hochrangigen Beamten des Landes nahm auch die berühmteste Bürgerin von Barbados, die Sängerin Rihanna, daran teil. Als eine ihrer ersten Amtshandlungen erklärte die neue Staatschefin, Sandra Mason, Rihanna zur Nationalheldin.

Kurz zuvor war die königliche Standarte eingeholt und Mason als neue Staatschefin vereidigt worden. Die bisherige Generalgouverneurin hatte im September 2020 den formalen Bruch mit der britischen Krone angekündigt. "Es ist an der Zeit, unsere koloniale Vergangenheit vollständig hinter uns zu lassen", sagte sie damals.

"Die Republik Barbados hat die Segel für ihre Jungfernfahrt gesetzt", sagte Mason in ihrer Ansprache. Barbados müsse nun durch die "komplexe, zerklüftete und turbulente Welt" navigieren, sagte Mason weiter. "Unser Land muss große Träume träumen und dafür kämpfen, sie zu verwirklichen." Premierministerin und damit Regierungschefin des Landes bleibt Mia Mottley.

Auch die Queen selbst sendete Gratulationen: Sie beglückwünsche die Präsidentin zu ihrem ersten Tag im Amt und sende die besten Wünsche für "Glück, Frieden und Wohlstand" an alle Menschen in Barbados, wie die Monarchin in einer Botschaft schrieb.

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