Biologisches Alter: Was hält uns jung?

26.01.2018 11:29

Früher suchten Menschen einen Jungbrunnen. Heute wollen wir wissen: Wie lässt sich das biologische Alter bestimmen und beeinflussen? Das sind die neuesten Ergebnisse der Forschung – für alle, die lieber länger jung bleiben wollen.

Man ist so alt wie man sich fühlt, oder? Wie alt wir tatsächlich sind, zumindest in rein chronologischer Hinsicht, verschweigen wir ab einem gewissen Alter gern. Denn: Älter werden (und irgendwann alt sein) will kaum jemand. Doch es hilft alles nichts: Ab unserer Geburt tun wir genau das – wir altern. Nur: Bei einigen geht es offensichtlich langsamer als bei anderen. Sie altern chronologisch, sind aber in körperlicher Hinsicht „jünger“ als ihre Geburtsurkunde es vermuten ließe.

Theorien des Alterns

Unser Körper verändert sich im Laufe der Jahre – sichtbar und unsichtbar. Welche Prozesse im Organismus dabei genau ablaufen und was sie eigentlich antreibt, ist bis dato nicht vollständig geklärt. Forscher, die sich mit dem Alterungsprozess beschäftigen (sogenannte Gerontologen), haben unterschiedliche Theorien des Alterns entwickelt:

Eine davon geht von einer „inneren Uhr“ aus, die irgendwann abgelaufen ist. Sie basiert auf der Beobachtung, dass die Anzahl der Zellteilungen im Körper begrenzt ist. Die Schrittmacher-Theorie fußt auf der Annahme, dass in wichtigen Systemen des Körpers (neurologisches System, Hormon- und Immunsystem) Abbauprozessestattfinden. Diese lösen Veränderungen im Organismus aus, die wir als „altern“ wahrnehmen.

Die sogenannte genetische Theorie geht davon aus, dass unser Alterungsprozess in unseren Genen liegt und dadurch „vorprogrammiert“ ist. Sie schließt allerdings die Möglichkeit mit ein, dass Gene durch äußere Einflüsse (zum Beispiel freie Radikale) geschädigt werden.

Freie Radikale: Diese chemischen Verbindungen entstehen auf natürliche Weise im Körper – zum Beispiel bei Stoffwechselprozessen. Wird ihre Entstehung durch äußere Einflüsse und im Übermaß angeregt, wirken sie stark zellschädigend. Rauchen, intensives UV-Licht oder Stress bewirken zum Beispiel die Bildung freier Radikale.

Mögliche Folgen dieser Schädigung können unter anderem sein:

  • Schnellere Alterung der Haut
  • Trübung der Augenlinse
  • Abnehmende Elastizität der Blutgefäße
  • Abnehmende Vernetzung der Gehirnzellen

So weit, so theoretisch. Heute gehen Gerontologen davon aus, dass der Alterungsprozess zu 20 Prozent durch unsere Gene bestimmt wird. Etwa 80 Prozent – den weitaus größeren Teil also – machen Umwelteinflüsse aus. Das bedeutet: Die Art und Weise wie wir altern, haben wir zum Großteil selbst in der Hand.

Biologisches Alter: Was ist das eigentlich?

Ewige Jugend ist ein Menschheitstraum, aber (noch) keine Realität. Altern ist ein Prozess, dem sich keiner von uns entziehen kann. Doch jeder kennt Menschen, die „sich gut gehalten haben“ und solche, die „vor ihrer Zeit“ gealtert sind.

Hier kommt der Begriff des biologischen Alters ins Spiel: Für Mediziner ist das biologische Alter der Zustand der Organe. Ein Beispiel: Unser biologisches Alter ist mit vierzig „chronologischen“ Jahren dann um fünf Jahre niedriger, wenn Nieren oder Lunge in einem Zustand sind, den normalerweise die Organe eines 35-Jährigen haben.

Liegt das biologische Alter höher als das chronologische, raten Mediziner dazu, bestimmte Organe engmaschiger zu kontrollieren – und den Lebensstil zu ändern. Denn: Der größte Hebel in Sachen jung bleiben ist der eigene Lebensstil.

Ein gesunder Lebenswandel ist nicht nur wichtig, damit wir uns gut fühlen und das Risiko, zu erkranken, so gering wie möglich bleibt. Er sorgt auch dafür, dass wir in biologischer Hinsicht länger jung bleiben.

Das biologische Alter ermitteln

Die Menschen in den westlichen Gesellschaften werden immer älter. Im Jahr 2050, so Hochrechnungen, wird jeder dritte Mensch in Westeuropa über 60 Jahre alt sein. Es ist darum wichtig, dass wir das Altern, seine Ursachen und Folgen erforschen.

Eine europäische Studie, das sogenannte MARK-AGE-Projekt, hat genau das getan. Die Forscher blickten dabei in den Bauplan unserer Zellen, die DNA. Sie maßen sogenannte Marker für das biologische Alter – also Signale für den Zustand der Organe. Ihr Ziel: Eine Formel, die mehrere nachweislich aussagekräftige biochemische und molekulare Marker enthält, die das biologische Alter jeder Person berechenbar machen.

Die große Herausforderung war, herauszufinden, welche Marker tatsächlich bedeutsam sind und im Alter deutlich ansteigen oder abfallen. Diese Arbeit hat 200 Forscher rund fünf Jahre lang beschäftigt.

Sie sahen sich vor allem die Gene der Versuchspersonen genauer an, aber auch die Eiweißbausteine (Proteine) in deren Körper, ihr Immun- und Hormonsystem sowie ihren Stoffwechsel. Sie ermittelten die zehn Marker, die am meisten über das biologische Alter aussagten und entwickelten daraus eine Formel, um das biologische Alter berechnen zu können.

Als sie diese Formel auf die Studienteilnehmer anwandten, stellten sie fest: Bei den meisten Menschen waren biologisches Alter und chronologisches Alter in etwa gleich. Es gab jedoch vereinzelt auch Ausreißer nach unten oder oben, also solche, die schneller gealtert waren, und solche, die sich gut gehalten hatten.

Als wichtigster Indikator für das biologische Alter stellte sich der Zustand eines bestimmten Bausteins unserer DNA heraus. Namentlich ist es das Cytosin, das anzeigt, wie alt wir tatsächlich sind. Ist es an bestimmten Stellen in unserem genetischen Bauplan chemisch verändert, ist das ein Anzeichen für fortgeschrittene Alterung.

Aber auch das Verhältnis bestimmter Eiweißbausteine im Körper, sogenannter Glykane, ist ein biologischer Hinweis auf fortgeschrittenes Altern. Für die gerontologische Forschung sind diese Erkenntnisse ein wahrer Meilenstein. Doch was bedeutet das für unseren Alltag und das Altern des Einzelnen?

Lässt sich das Altern bremsen?

Die Forschung ist also bereits jetzt in der Lage, jedem einzelnen von uns eine „biologische“ Geburtsurkunde auszustellen. Berechnet wird sie auf der Basis von Untersuchungen der kleinsten Strukturen unseres Körpers. Noch werden solche Analysen nicht für die Allgemeinheit angeboten.

Wenn es möglich wäre, davon sind Gerontologen jedoch schon jetzt überzeugt, hätte dies durchaus Vorteile. Zum einen wäre es möglich, vorzeitige Alterungsprozesse zum Beispiel einzelner Organe zu erkennen, bevor sie zu Krankheiten führen. Zum anderen könnte man durch Vorher-Nachher-Untersuchungen dokumentieren, welchen Einfluss eine Umstellung des persönlichen Lebensstils hat.

Nichtsdestotrotz gilt es, beim Altern wie bei der allgemeinen Gesundheitsvorsorge vor allem auf Vorbeugung zu setzen. Und da konnten Forscher unlängst belegen:

Ausdauersport – moderat, aber regelmäßig – bremst den Alterungsprozess der Zellen im Gefäßsystem. Konkret erwies sich in einer Studie das Laufen bei 50 bis 60 Prozent der maximalen Herzfrequenz als besonders geeignet, um das Altern der Zellen zu bremsen. Vielleicht brauchen wir also gar nicht länger nach einem Jungbrunnen suchen. Wer einfach die Joggingschuhe regelmäßig anzieht und damit los läuft, hat schon viel dafür getan, dass die Uhr des Alterns ein ganzes Stück langsamer läuft.

 

Quelle