Christine Lambrecht, die Helikopter-Mutter der Nation

13.05.2022 12:34

Verteidigungsministerin Christine Lambrecht hat bislang wenig aus ihrem Amt gemacht, und das meiste davon falsch. Der Mitflug ihres Sohnes Richtung Sylt im Bundeswehr-Hubschrauber ist nur der letzte Beweis: Christine Lambrecht fehlen Instinkt und Größe für den Posten. Sie sollte gehen.

Haben Politiker und Politikerinnen ein Recht auf Privatleben und Familie? Ja, unbedingt! Haben sie ein Recht auf Urlaub und Entspannung? Dito: Unbedingt! Sollten sie von diesem Recht genauso unbedingt Gebrauch machen? Ab jetzt wird´s heikel. Die Antwort lautet sibyllinisch: Kommt darauf an. Vor allem auf die Situation.

Alle, die in der politischen Verantwortung stehen, haben verdammt harte eineinhalb Jahre hinter sich. Die Pandemie. Die Flut. Der Wahlkampf. Dann der Krieg. Für Pausen, Ferien, Erholung blieb bei vielen wenig bis gar kein Raum. Annalena Baerbock wäre deshalb über die Ostertage liebend gerne zu ihrem Mann und ihren beiden Kindern in den Urlaub nachgeflogen, für drei Tage. Man kann das sehr gut verstehen. Aber die Außenministerin ist eine kluge Frau; sie hat es gelassen.

Auch Olaf Scholz, der sich wegen Corona schon zwischen den Jahren einen kurzen Trip in den Süden verkniffen hatte, blieb über Ostern schweren Herzens zu Hause. Gefragt, ob ihm der Verzicht schwergefallen sei, antwortete er vorige Woche im stern-Gespräch: "In dieser Lage ist mein Platz in Deutschland."

Christine Lambrecht sitzt im Fettnapf

Christine Lambrechts Platz in dieser Lage ist dagegen – im Fettnapf. Die Mitfluggelegenheit in Richtung Sylt, die sie ihrem erwachsenen Sohn im Bundeswehr-Heli geboten hat, komplettiert dabei nur das Bild einer Ministerin, der es an einer entscheidenden politischen Qualifikation mangelt: Instinkt.

Rechtlich mag alles in Ordnung sein: Der Mitflug war angemeldet, die Kosten dafür wird Lambrecht übernehmen. Politisch war es eine grandiose Dummheit. Vor allem, wenn sie den Verdacht nicht ausräumen kann, sie habe das Bataillon Elektronische Kampfführung 911 in Stadum vor allem deshalb angesteuert, weil es so hübsch nahe am Osterdomizil auf Sylt liegt. Das wäre auch in Friedenszeiten fatal.

Wie schwer Lambrecht sich mit Würde und Bürde ihres Amtes tut, zeichnete sich bereits an Tag zwei des Krieges ab. Einen Tag, nachdem Putins Truppen in die Ukraine einmarschiert waren, konnte man die Verteidigungsministerin laut "Tagesspiegel Checkpoint" morgens um zehn Uhr dabei beobachten, wie sie sich im Nagelstudio "Le Nails" in den Friedrichstadtpassagen maniküren ließ; nach einer Stunde ging´s weiter zum Shoppen in Bodyguard-Begleitung ins "La Fayette". Kann man natürlich alles machen. Sollte es aber besser nicht. So wie man beim Besuch in Mali nicht unbedingt in Pumps vor die Truppe treten sollte.

"Man muss ein Gespür dafür haben, was vernünftig ist"

Lebbe geht weider? Auch, wenn quasi vor der Haustür Krieg herrscht und man Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt ist? Christine Lambrecht, eine erfahrene Politikerin, die in der vergangenen Legislaturperiode als Justizministerin eine für viele überraschend gute Performance hinlegte, verhält sich gerade für eine Anfängerin, wie eine blutige Amateurin, die die Grundregeln des Geschäfts missachtet. Sie stellt sich mit ihrem Verhalten selbst ein Armutszeugnis aus. "Wir stehen unter Beobachtung. Insofern muss man ein Gespür dafür haben, was vernünftig ist", sagt Agnes Strack-Zimmermann, die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses. Dieses Gespür geht Christine Lambrecht offenbar komplett ab.

Ein Kanzler, an den sie sich in der SPD neuerdings nicht mehr so gerne erinnern, hat kurz vor den Bundestagswahl 2002 seinen Verteidigungsminister, an den sie sich in der SPD schon länger nicht mehr gerne erinnern, gefeuert, weil er sich a) planschend mit seiner Liebsten im Pool hatte ablichten lassen, während die Bundeswehr sich auf einen Einsatz in Mazedonien vorbereitete, und b) von einem PR-Berater mit Klamotten für knapp 55.000 Mark aus dessen Kasse hatte ausstaffieren lassen; das Paar Socken zu 35 Mark. Das verstehe der SPD-Wähler nicht, befand der Mann, der heute Sachen macht, die auch der Rest nicht versteht, und machte Schluss mit lustig: "Rudolf, es ist vorbei."

Abflug, Frau Lambrecht? Nun ist Olaf Scholz nicht Gerhard Schröder; die bedingungslose Brutalität im politischen Geschäft geht ihm ab. Auch ist Helikopter-Mutter Christine Lambrecht weit davon entfernt, Rudolf Scharping im politischen Fehlverhalten Konkurrenz zu machen. Und trotzdem: In dieser Lage bräuchte die ohnehin gebeutelte Bundeswehr eine Führung, die sich nicht zum Gespött macht oder Zweifel an ihrem Fingerspitzengefühl und ihrer Integrität aufkommen lässt.

Die Bundeswehr bräuchte eine geeignetere Verteidigungsministerin als Christine Lambrecht.

 

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