Chronisches Fatigue-Syndrom: Mehr als nur quälende Müdigkeit

29.06.2018 13:34

Was ist das Chronische Fatigue-Syndrom?

Wer sich dauerhaft und ohne erkennbare Ursache matt, erschöpft und müde fühlt, leidet möglicherweise am Chronischen Erschöpfungssyndrom, das auch Chronisches Müdigkeitssyndrom oder Chronisches Fatigue-Syndrom (CFS) genannt wird. Aber was genau ist das? Es handelt sich beim Chronischen Fatigue-Syndrom um eine noch immer kaum bekannte Erkrankung, bei der eine lähmende Erschöpfung die Patienten stark einschränkt – bis hin zur Arbeitsunfähigkeit, Bettlägerigkeit und einem Grad der Behinderung (GDB) von 80 Prozent oder mehr. Schätzungen zufolge leiden in Deutschland rund 250.000 Menschen an diesem komplexen Krankheitsbild, das auch unter dem Namen „benigne myalgische Enzephalomyelitis“ bekannt ist. Betroffen sind oft Berufstätige zwischen 20 und 50 Jahren, bei Frauen tritt die Erkrankung häufiger auf.

Nicht zu verwechseln ist das Chronische Fatigue-Syndrom mit dem starken Erschöpfungszustand, der als Begleiterscheinung mit schweren Krankheiten wie Krebs, AIDS, Multipler Sklerose (MS) und Parkinson einhergeht. In diesem Fall spricht man von einer „Fatigue“: Das Wort kommt aus dem Französischen und bedeutet „Müdigkeit“. Auch anhaltende Schlafstörungen, Blutarmut, Schilddrüsenerkrankungen wie Morbus Bechterew, Rheuma, Lupus, Mangelernährung und starke körperliche Belastungen wie eine Chemotherapie können zu einer derartigen Fatigue führen. Diese äußert sich zwar ähnlich wie das Chronische Fatigue-Syndrom, die Ursachen liegen jedoch in der zugrundeliegenden Krankheit bzw. in der Strahlentherapie.

Was sind die Ursachen des Chronischen Fatigue-Syndroms?

Die genauen Ursachen des Chronischen Erschöpfungssyndroms sind noch nicht ausreichend erforscht. Man vermutet, dass dem Ausbruch der Krankheit eine Schwächung beziehungsweise. eine fortwährende Aktivierung des Immunsystems vorausgeht – ausgelöst durch Viren, Stress oder andere seelische Belastungen. Beobachtet wurde das Chronische Fatigue-Syndrom beispielsweise als Folge von Infekten wie dem Pfeifferschen Drüsenfieber und Borreliose.

Auch im Zusammenhang mit Operationen oder schwerwiegenden, lebensverändernden Ereignissen, zum Beispiel persönlichen Verlusten und plötzlicher Arbeitslosigkeit, kann es zur Entwicklung des Chronischen Fatigue-Syndroms kommen. Experten betrachten das CFS als eine Art Autoimmunkrankheit, bei der sich die körpereigene Immunabwehr gegen gesunde Zellen richtet. Hinter dieser Fehlsteuerung werden Störungen im Nervensystem, im Hormonsystem und im Energiestoffwechsel vermutet. Hinzu können Entzündungsprozesse und ein Mangel an Antikörpern kommen.

Was sind die Symptome des Chronischen Fatigue-Syndroms?

Gekennzeichnet ist das Chronische Fatigue-Syndrom durch eine dauerhafte Müdigkeit, die sich auch bei ausreichenden Erholungsphasen nicht verbessert und bereits seit über sechs Monaten besteht. Trotz der permanenten Abgeschlagenheit schlafen die Patienten nachts häufig schlecht, was zu einer Verschlimmerung der Symptome führt. Typisch für das Chronische Fatigue-Syndrom ist, dass die körperliche und geistige Erschöpfung plötzlich auftritt. Ein schleichender Verlauf der Krankheit ist allerdings auch möglich. Der Zustand der anhaltenden Müdigkeit führt zu einem massiven Leistungsabfall und zu einer deutlichen Verschlechterung der Lebensqualität. Selbst einfache alltägliche Tätigkeiten wie Zähneputzen, Telefonieren und Arztbesuche sind nur unter größter Anstrengung möglich und führen zu einer erneuten starken Erschöpfung.

Hinzu können Begleitsymptome kommen wie Kopfschmerzen, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, Muskel- und Gelenkbeschwerden, Halsschmerzen und geschwollene Lymphknoten.

Wie erkennt der Arzt das Chronische Fatigue-Syndrom?

Für Ärzte ist es relativ schwierig, das Chronische Fatigue-Syndrom zu diagnostizieren – es wird daher oft übersehen oder zu spät erkannt. Und noch immer ist umstritten, ob es sich bei diesem schwer zu fassenden Syndrom um ein einheitliches Krankheitsbild handelt. Von der Weltgesundheitsorganisation WHO ist das Chronische Müdigkeitssyndrom als Krankheit anerkannt: Sie hat das Chronische Fatigue-Syndrom in die Internationale Klassifikation der Krankheiten aufgenommen und ihm den ICD 10 Code G93.3 zugeordnet.

Vermutet der Arzt, dass ein Patient am Chronischen Fatigue-Syndrom leidet, wird er zunächst die Krankheitsgeschichte erfragen: Seit wann bestehen die Probleme? Wie stark sind die beruflichen und privaten Einschränkungen? In einem zweiten Schritt wird er versuchen, Krankheiten mit ähnlichen Beschwerden auszuschließen, beispielsweise eine Depression, Fibromyalgie, Demenz, Alkoholmissbrauch oder ein akutes Erschöpfungssyndrom bzw. Burnout. Hierzu können unter Umständen Ultraschall- und Blutuntersuchungen angeordnet werden. Bestimmte Laborwerte, die eindeutig auf das Chronische Fatigue-Syndrom hinweisen, gibt es allerdings nicht. Um die Diagnose zu stellen, ziehen viele Ärzte die Leitlinie des U.S. Department of Health & Human Services heran.

Wie wird das Chronische Fatigue-Syndrom behandelt?

Bisher gibt es keine einheitliche Therapie für das Chronische Fatigue-Syndrom. Die Behandlung wird individuell auf den Patienten abgestimmt, um die belastenden Beschwerden wie Schmerzen und Schlaflosigkeit zu mildern. Hierfür können verschiedene Medikamente zum Einsatz kommen, beispielsweise Schmerz- und Beruhigungsmittel, aber auch psychotherapeutische Ansätze wie eine kognitive Verhaltenstherapie. Mit einer Ernährungsumstellung soll ein etwaiger Vitamin- und Nährstoffmangel ausgeglichen werden.

Viele Patienten scheuen körperliche Anstrengungen, da diese zu erneuter Erschöpfung führen. Dabei kann auch fehlende Bewegung das Befinden verschlechtern. Experten empfehlen Betroffenen, ein Aktivitätstagebuch zu führen, um zu lernen, wie sie mit ihren Kräften richtig umgehen. Während lange Spaziergänge oder gar sportliche Betätigung die Beschwerden verschlimmern können, können Entspannungstechniken wie Yoga und autogenes Training dabei helfen, das Gefühl der Erschöpfung zu lindern.

Wie kann ich dem Chronischen Fatigue-Syndrom vorbeugen?

Da bisher keine detaillierten Ursachen für die Entstehung des Chronischen Fatigue-Syndroms bekannt sind, gibt es keine Strategien, um dem Krankheitsbild gezielt vorzubeugen. Wer erste Anzeichen einer starken, anhaltenden Müdigkeit feststellt, sollte umgehend einen Arzt aufsuchen. Denn eine rechtzeitig eingeleitete Behandlung kann helfen, die eigene Belastbarkeit zu steigern und wieder aktiver zu werden.

Wie sind die Heilungschancen bei Chronischem Fatigue-Syndrom?

Aussagekräftige Langzeitstudien zu Therapieerfolgen und Heilung bei Chronischem Fatigue-Syndrom gibt es bisher nicht. Bislang wurde beobachtet, dass sich die Symptome nach mehreren Monaten oder gar Jahren bessern können – ob aufgrund einer durchgeführten Behandlung oder spontan, ist dabei allerdings unklar. Kleinere Studien gehen von einer vollständigen Genesung in 0 bis 31 Prozent der Fälle und einer teilweisen Erholung bei 8 bis 63 Prozent aus.

Die Rückfallquote bei Chronischem Fatigue-Syndrom ist hoch: Das heißt, die Beschwerden können insbesondere nach Infekten oder seelischen Belastungen erneut auftreten. Etwa 20 Prozent aller CFS-Patienten bleiben dauerhaft eingeschränkt.

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