Ein Arzt platziert bei einer sterbenden 80 Jahre alten Patientin einen Katheter – und dann wird ihm die Wahrheit bewusst.

22.09.2017 12:20

Der Italiener Marco Deplano arbeitet als Urologe in einem Krankenhaus auf Sardinien. Trotz seines noch jungen Alters, musste er als Arzt schon viele traurige Erlebnisse mitmachen. Leider erholen sich nicht alle Patienten wieder.

Eines Tages traf er auf einen Patienten, den er niemals mehr vergessen sollte. Auf Facebook erzählt er, was geschah:

“Heute bekam ich von einem Kollegen einen Anruf für eine Beratung. Es ging um eine Frau mit einer tödlichen Form von Krebs, der zu einem Nierenversagen geführt hatte. Sie hatte ein Stoma. Sie wollte gerne eine Beratung, darum ging ich zu ihr auf Besuch.”

“Guten Morgen”, sagte ich, als ich das Zimmer betrat.

“Guten Morgen”, antwortete die Frau, die zwischen 70 und 80 Jahre alt sein musste, mit kupferfarbenen gefärbtem Haar und perfekt lackierten Fingernägeln.

Ich las ihr Dossier, untersuchte sie und machte eine Ultraschalluntersuchung.

Leider funktionierten ihre Nieren tatsächlich nicht mehr gut. Sie konnten den Urine nicht mehr gut verarbeiten und darum mussten wir einen Katheter einbringen.

“Verstehen Sie mich nicht falsch, aber bedeutet das, dass ich jetzt mit ZWEI Säcken am Leib herumlaufen muss?”

“Leider ja.”

Wir saßen still zusammen. Es fühlte sich wie eine Ewigkeit an. Dann sah sie mich an und lächlte, bevor sie fragte: “Wie heißen Sie?”

“Deplano.”

“Ich meinte mit Vornamen.”

“Marco.”

“Marco ist ein schöner Name. Haben Sie ein paar Minuten Zeit für mich?”

“Natürlich”, antwortete ich mit fragendem Blick.

“Ich bin schon so gut wie tot. Verstehen Sie, was ich meine?”

“Eigentlich nicht”, antwortete ich etwas verwirrt.

“Ich starb bereits vor 15 Jahren, als mein mit 33 Jahren einen Herzanfall hatte und daran starb. An jenem Tag bin auch ich gestorben.”

“Das tut mir sehr leid.”

“Ich bin an jenem Tag mit ihm zusammen gestorben”, sagte die Frau und sprach weiter: “Vor zehn Jahren bekam ich Krebs. Aber jetzt möchte ich nicht mehr kämpfen. Meinen Kindern und Enkeln geht es gut. Ich möchte jetzt meinen Sohn wiedersehen”, sagte sie bevor sie schwieg.

“Was schon einige Tage extra mit diesen Säcken am Leib und den Schmerzen? Ich will in Würde sterben”, sagte die Frau, bevor sie fragte: “Was geschieht, wenn ich mich weigere behandelt zu werden? Ich bin müde. Ich bereit vor meinen Schöpfer zu treten. Sagen Sie mir die Wahrheit, werde ich leiden?”

“Nein, das nicht. Aber zwei Säcke sind…”

“Marco, ich will nicht mehr. Es geht hier um mein Leben und ich habe einen Entschluss gefasst. Wenn Sie mir helfen willen, dann dürfen Sie gerne all diese Leitungen aus mir rausziehen, damit ich nach Hause gehen und Eis essen kann, Eis mit meinem Enkelsohn.”

Ich war erstaunt über das, was sie sagte. In jenem Moment vergaß ich meine Erschöpfung, Wut und Frustration. Ich fühlte mich völlig nackt. Ich vergaß alle Jahre meines Studiums, alle Bücher, die ich gelesen hatte und alle Fakten. Ich fühlte mich völlig entblättert und entwaffnet im Angesicht des Todes.

Ich drehte um und tat so, als würde ich etwas in das medizinische Dossier schreiben, damit die Krankenschwester nicht die Tränen in meinen Augen sehen konnte. Ich war sehr berührt, und jeder, der mich kennt weiß, dass das nicht so oft passiert.

“Marco, sind Sie betroffen?”

“Ja, ein bisschen. Entschuldigung.”

“Ist schon ok. Es tut mir gut. Können Sie mir einen Gefallen tun? Wenn meine Kindermit Ihnen Kontakt aufnehmen und anfangen herumzuschreien, sagen Sie ihnen dann, dass ich Sie gebeten habe, die Behandlung einzustellen. Sagen Sie ihnen, dass ich in Ordnung bin, ok?”

“Ja, das werde ich”, antwortete ich mit zitternder Stimme.

“Marco, darf ich Sie noch eine Sache fragen?”

“Natürlich.”

“Sie sind etwas Besonderes. Geben Sie mir einen Kuss, wie Sie es tun würden, wenn Sie mein Sohn wären. Würden Sie das tun?”

“Selbstverständlich.”

“Ich werde für Sie beten. Und für meinen Sohn. Ich hoffe, dass wir einander wiedersehen werden”, sagte die Frau.

“Vielen Dank.”

In jenem Moment war sie die schönste Frau der Welt. Sie war sich ihrer Sache so sicher, sie war Mutter und Großmutter zugleich. Sie strahlte vor echter Liebe.

Ihre Worte lehren uns etwas Wichtiges über das Leben. Der Tod ist das Ende des Lebens. Es gibt keinen Grund ängstlich, traurig oder besorgt zu sein.

Es gibt Dinge, die man nicht lernen kann, auch nicht in vielen Jahren des Studiums. In jenem Moment fühlte ich mich so unfassbar klein und nackt.

Das Leiden ist ein Teil der Liebe. Manchmal verbindet es die Menschen stärker als die Liebe selbst.

Und manchmal ist ein einziges freundliches Wort besser als die gesamte moderne Medizin der Welt.

Egal was du im Leben machst, erinnere dich daran, was wirklich wichtig ist, und verschwende nicht zu viel Zeit an Dinge, die eigentlich nicht so wichtig sind.

 

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