Erziehung damals: 7 Dinge, die Kinder nicht mehr lernen

25.01.2021 10:47

Zu Lebzeiten Goethes hielt man Altgriechisch für ziemlich wichtig. Wie kann man nur moralisch reifen, ohne Homer im Original zu lesen? Undenkbar! Mittlerweile gilt schon Latein als Orchideenfach.

Was Kindern beigebracht wird, ändert sich mit den Gegebenheiten und Werten einer Gesellschaft. Zuweilen staunt man aber doch, wenn etwas, das man für völlig normal gehalten hatte, von einer Generation zur nächsten verschwindet.

Hier sind 7 Beispiele für Dinge, die kein Kind mehr lernt – oder die zumindest keine Selbstverständlichkeit mehr sind. Ob das immer schlecht ist? Das steht auf einem anderen Blatt!

1. Auf einem Bein stehen

Die regelmäßigen Vorschuluntersuchungen beweisen: 5-Jährige können immer seltener sicher auf einem Bein stehen oder rückwärts gehen. Vor allem in Stadtgebieten gelten mehr als 40 % der Kinder als motorisch unterentwickelt. Frühere Standardtests, wie an einem Seil oder einer Stange hochzuklettern, sind bereits aus vielen Grundschulen verbannt, weil kein Kind mehr die Fähigkeit dazu aufbringt.

2. Ruhig sitzen

Kurioserweise bereitet den Kindern aber nicht nur die Bewegung zunehmend Schwierigkeiten. Auch das Stillsitzen wird zu einer seltenen Gabe. Kaum vorstellbar die Zeiten, in denen beide Fußsohlen während des Unterrichts den Boden zu berühren hatten, halbstündige Sonntagspredigten – bzw. Fahnenappelle – zum Pflichtprogramm gehörten und auch eine „Vorlesestunde für Kinder“ nicht bedeutete, dass alle ihre Vesperbrote auspacken.

3. Abspülen

Im Jahr 1983 besaßen 23,5 % der deutschen Haushalte eine Spülmaschine. Heute sind es knapp 72 %. Kein Wunder also, dass Kinder nicht mehr lernen, wie man von Hand abspült. Auch das Staubsaugen bekommen Kinder seltener beigebracht – wozu gibt es schließlich den Saugroboter? Ob das allerdings allein der Grund dafür ist, dass der Anteil der Kinder, die Haushaltsaufgaben übernehmen, kontinuierlich sinkt, bleibt fraglich.

4. Schuhe binden

Bloß noch die Hälfte der 4- bis 5-Jährigen kann sich selbständig anziehen. Galt es vor 20 Jahren unter Kindern noch als Frage der Ehre, sich die Schuhe schnüren zu können, bevor man eingeschult wurde, gilt mittlerweile an zahlreichen Grundschulen ein Schnürsenkelverbot – die Lehrer haben schlicht Besseres zu tun, als ununterbrochen Schleifen zu binden.

5. Die Hand geben

„Gib dem netten Herrn die Hand, Kleines!“ Diese Aufforderung klingt heute so verstaubt wie Waschmittelwerbung der 50er-Jahre. Aufrecht und anständig sollte man sein, sich zusammenreißen und funktionieren. Heute respektiert man die Bedürfnisse und Gefühle von Kindern sehr viel stärker. Wer schüchtern ist, muss fremden Personen nicht mehr die Hand schütteln.

6. Angst vor dem Rohrstock

Zum Glück! In der DDR wurde die Prügelstrafe 1949 aus den Klassenzimmern verbannt. Im Großteil der BRD immerhin 1973. Allein in Bayern lernten die Schüler noch bis Anfang der 1980er Jahre den Rohrstock des Lehrers zu fürchten. Seit November 2000 gilt endlich auch zu Hause: „Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig.“ (§ 1631 BGB, Abs. 2)   

7. Allein sein

Auf die Geschwister aufpassen, das Mittagessen aufwärmen, einsam durch die Gegend streifen – die Erfahrung, auf sich selbst gestellt zu sein, machen Kinder immer später. Das ist durchaus positiv: Eltern haben und nehmen sich heutzutage mehr Zeit für ihre Kinder. Teilweise wurden Kinder früher von der Verantwortung, die ihnen aufgehalst wurde, überfordert; schwere Unfälle passierten. Ein Stück weit geht aber auch Kindheitsromantik verloren, wenn der einzige Raum für Wagnisse ein TÜV-geprüfter Abenteuerspielplatz ist.

Erziehung ist immer ein Spiegel der Gesellschaft. Der Befehlston, der bis weit in die 1970er Jahre den Umgang mit Kindern prägte, ist weitgehend verschwunden. Heute wird die Gefühlswelt von Kindern stärker respektiert. Sie erhalten mehr Förderung und Mitspracherecht. Auf der anderen Seite gehen bestimmte Freiheiten und Fertigkeiten verloren: Vor allem in Städten bewegen sich Kinder kaum noch im Freien, sie testen seltener eigene Grenzen aus und übernehmen weniger praktische Aufgaben im Haushalt.

Zum Glück liegt das alles jedoch in den Händen der Erziehungsberechtigten. Sie können entscheiden, was sie für gut und richtig halten. Aber wie sieht es mit dir aus? Glaubst du, dass in der Erziehung früher einiges besser lief – oder ist es ganz gut, dass die alten Zeiten vorbei sind?

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