Es ist richtig, dass Rad-Sportchef Moster für die rassistische Bemerkung bestraft wird

30.07.2021 11:30

Der Radsport-Funktionär Patrick Moster muss die Olympischen Spiele wegen eines rassistischen Kommentars vorzeitig verlassen. Dass sein Verhalten auf diese Art geahndet wird, sollte normal sein. Doch viele Reaktionen zeigen: Das ist es noch nicht. 

Schon kleine Kinder lernen, dass Fairness und Respekt im Sport wichtige Tugenden sind. Dass sie oft nicht umgesetzt werden und rassistische und andere diskriminierende Äußerungen häufig sind, lernen nicht-weiße Personen meist auch schon als kleine Kinder. Besonders in kleinen Sportvereinen, abseits der großen Bühnen, gehen solche Bemerkungen manchmal unter. 

Am Mittwoch hat der deutsche Radsport-Funktionär Patrick Moster während des Zeitfahrens bei den Olympischen Spielen mit einem rassistischen Kommentar über den Eritreer Amanuel Ghebreigzabhier und den Algerier Azzedine Lagab für einen Skandal gesorgt. Weil Moster nun mal nicht für einen Lokalverein arbeitet, sondern für den Bund Deutscher Rennfahrer, muss er nun trotz einer Entschuldigung seine Sachen packen und die Olympischen Spiele vorzeitig verlassen. Und das ist richtig so.   

Denn auch, wenn die Forderung nach Konsequenzen für rassistisches Verhalten für viele offensichtlich klingt und manche die Reaktion des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) sogar noch als zu lasch empfinden: So häufig, dass wir sie als normal bezeichnen können, sind solche Folgen nicht. Das liegt auch daran, dass Äußerungen wie jene des 54-jährigen Funktionärs Moster in vielen Bereichen unserer Gesellschaft zum Alltag gehören. 

Das verdeutlicht auch so mancher Kommentar über den Vorfall beim Radrennen: Denn obwohl vom deutschen Radfahrer Nikias Arndt über den DOSB bis hin zum Kommentator Florian Naß sofort deutliche Reaktionen kamen, eilten in sozialen Medien alsbald auch einige Menschen herbei, die Mosters Verhalten relativierten oder sogar verteidigten. Wenn die Emotionen hochkochen, wie das bei einem Olympischen Wettkampf nun mal so vorkomme, so der Tenor, dann passieren solche Sachen im Affekt schon mal. Dumm gelaufen, kommt vor, habt euch nicht so, war bestimmt nicht so gemeint, lass uns wieder den Sport genießen. 

Das Verhalten hat einen Namen – es heißt Rassismus

Nun stimmt es tatsächlich, dass Menschen unter Stress, Wut und Angst dazu tendieren, als erstes das Aussehen einer anderen Person anzugreifen. Dazu gehören oft die Herkunft, das Geschlecht, aber auch das Gewicht oder vermeintlich negative Körpermerkmale. Es ist das Einfachste, das Offensichtlichste. Allein: Diese Verhaltensweisen kommen von Einstellungen, und diese Einstellungen haben Namen. Sie heißen Rassismus, Sexismus, Behindertenfeindlichkeit, Dickenfeindlichkeit. Und akzeptabel sind sie allesamt nicht. 

Sie verletzen Menschen emotional und körperlich. Sie grenzen aus, sie tun weh, ob absichtlich oder unabsichtlich. Sie machen Personen schlecht, sie zeigen: Ich gehöre zu einer besseren Gruppe Menschen als du, du bist anders als wir, und solche wie dich wollen wir bei uns nicht dabeihaben. Und auch, wenn es von einer rassistischen Äußerung wie bei Moster bis zu Brandsätzen auf Geflüchtetenunterkünfte oder Todesfällen wie jenem von Oury Jalloh – der in einer Dessauer Polizeizelle unter ungeklärten Umständen verbrannte – noch ein weiter Weg ist, muss man in aller Deutlichkeit sagen: Diese Einstellungen können töten.

Rassismus ist für Nicht-Betroffene nicht immer offensichtlich

Wenn Menschen Patrick Moster dennoch verteidigen, bedeutet das sicherlich nicht automatisch, dass diese emotionale oder körperliche rassistische Gewalt gutheißen. Es zeigt aber zumindest, dass sie sich damit womöglich noch nie wirklich auseinandergesetzt haben.

Vielleicht mussten sie das nicht. Vielleicht wollten sie es nicht. Vielleicht ist es für sie normal, beim Fußballgucken Kommentare über den türkischen Spieler zu machen. Vielleicht denken sie fälschlicherweise, dass Rassismus nur dann Rassismus ist, wenn ein Rechtsextremist in Hanau Menschen erschießt oder wenn man in böser Absicht das N-Wort zu einer schwarzen Person sagt. Vielleicht denkt Patrick Moster sogar selbst so.

Dass er nun für seine Äußerung heimgeschickt wird, ist daher ein gutes Zeichen. Es zeigt, dass ein solches Verhalten nicht akzeptabel ist und Konsequenzen mit sich ziehen kann, dass Rassismus auch klar als solcher benannt wird. Es zeigt, dass es in keinem Kontext normal und tolerabel ist, sich so zu äußern. Auch dann nicht, wenn man denkt, niemand höre einem dabei zu. Es zeigt: Du hast dich mit einem Verhalten zum Teil einer Gruppe gemacht, die Menschen nicht mit Respekt begegnet. Und ein solches Verhalten wollen wir bei uns nicht dabeihaben. Weder bei Olympia noch beim Lokalverein. 

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