Ex-Neonazi lässt sich für Schwarze tätowieren.

11.04.2018 17:25

In den USA gibt es zahlreiche Neonazi-Gruppierungen, die ihren Hass auf Schwarze, Latinos und Asiaten richten. Der heute 38-jährige Michael Kent gehörte über 20 Jahre lang dazu.

Michael erlebte in seiner Kindheit zwei Ereignisse, die seine rassistische Zukunft prägten: Als er etwa sechs Jahre alt war, musste er mitansehen, wie ein afroamerikanischer Einbrecher versuchte, seine Mutter brutal zu vergewaltigen. Ungefähr fünf Jahre später lud ein schwarzer Klassenkamerad Michael zu sich nach Hause ein, doch dessen Eltern beschimpften Michael als „blauäugigen Teufel“ und verjagten ihn — von diesem Tag an wurde Michael von seinen dunkelhäutigen Freunden gemieden.

Weder in seiner Kindheit, noch als junger Erwachsener schaffte Michael es, die traumatischen Erlebnisse zu verarbeiten. Stattdessen wuchs sein Hass unaufhörlich, bis er sich schließlich einer radikalen Skinhead-Gruppe im US-Bundesstaat Arizona anschloss, die für viele Jahre zu seinem Lebensmittelpunkt wurde.

In dieser Zeit zierten nicht nur Bilder von Adolf Hitler und Flaggen des Dritten Reiches die Wände von Michaels Zuhause, sondern auch auf seinem Körper war seine rassistische Weltanschauung verewigt: Auf seiner Brust prangte ein riesiges Hakenkreuz-Tatoo.

Drogen und Gewalt waren lange ein fester Bestandteil seines Alltags, bis der mittlerweile zweifache Vater zu einer Haftstrafe verurteilt wurde. Als diese nach einiger Zeit zur Bewährung ausgesetzt wurde, bekam Michael eine Bewährungshelferin zugeteilt — die 45-jährige Tiffany Whittier, eine Afroamerikanerin.

Während Tiffany den Ex-Häftling in seiner Bewährungszeit begleitete, war es unvermeidlich, dass sich die beiden näher kennenlernten. Michael begann, Sympathie für die schwarze Frau zu entwickeln. Denn diese begegnete ihm stets freundlich und überraschte ihn immer wieder mit ihrer Offenherzigkeit: „Mein Job ist es, eine positive Person im Leben von jemandem zu sein und nicht über seine Taten zu urteilen.“ Stattdessen zeigte Tiffany Michael, wie unbeschwert ein Leben ganz ohne Hass sein kann.

Michael begann mehr und mehr, seine radikalen Ansichten infrage zu stellen. Er erkannte seine Fehler und beschloss, sein Leben komplett umzukrempeln: Er brach den Kontakt zu den anderen Skinheads unwiderruflich ab, entfernte sämtliche rechtsradikalen Symbole aus seinem Haus und ersetzte sie durch positive Bilder: Denn „wenn du aufwachst und ein lächelndes Gesicht siehst, hast du gleich ein gutes Gefühl.“

Michael und Tiffany verbindet seitdem eine enge Freundschaft, die keiner der beiden missen möchte. Michael bezeichnet sie heute sogar als Teil seiner Familie.

Nur seine 20 Jahre alte Hakenkreuz-Tätowierung blieb als Überbleibsel seiner rassistischen Vergangenheit. Um das Tattoo ein für alle Mal loszuwerden, besuchte er daher ein Tattoo-Studio und ließ es in einer 15-stündigen Sitzung mit einem anderen Motiv, dem riesigen Kopf eines Wolfes, überstechen.

Das folgende Video (auf Englisch) gibt nicht nur Einblick in Michaels Geschichte, sondern zeigt auch die Entstehung seines neuen Tatoos.

 

Mit Tiffanys Hilfe fand Michael einen neuen Job auf einer Hühnerfarm im US-Bundesstaat Colorado. Das Besondere an dieser Anstellung: Außer ihm arbeiten dort nur Farbige. Für Michael ist das heute allerdings kein Problem mehr: „Früher hätte ich nie für jemanden oder mit jemandem gearbeitet, der nicht weiß ist, aber jetzt veranstalten wir Firmenfeste, auf denen ich der einzige Weiße bin.“

Michael hat es tatsächlich geschafft, seiner radikalen Vergangenheit den Rücken zu kehren. Für ihn stehen heute seine zwei Kinder an erster Stelle, denen er ein gutes Vorbild sein möchte — und das ist er, dank seiner besten Freundin Tiffany, die ihm gezeigt hat, dass alle Menschen gleichviel wert sind.

 

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