Falter-Klenk schockiert auf Twitter: Dschihadisten „Menschen wie wir alle“?

11.11.2020 11:36

Für die selbsternannten Verteidiger des Humanismus galt bisher stets das richtungsweisende „Keine Toleranz der Intoleranz“. Bis vor kurzem hätte ich auch Florian Klenk zu jenen Verteidigern gezählt. Immerhin hat er sich die Menschenrechtserklärung sogar ins Twitter-Cover geheftet. Kürzlich erklärte Klenk auf jenem Twitter-Profil jedoch, dass auch dschihadistische Verbrecher wie der Terrorist von Wien von seinem Menschheitsbegriff umfasst seien. Droht dem Liberalismus die Kapitulation?

Es hatte schon einen fahlen Beigeschmack, als im Zuge des Trauergottesdienstes für die Opfer des Terroranschlags gleich fünf Kerzen entzündet wurden. So wurde unter Leitung von Kardinal Christoph Schönborn nicht nur für die vier Opfer, sondern auch für den Täter der Wiener Terrornacht gebetet. Von einer Religion, die ihren Anhängern seit jeher empfiehlt, nach einem Schlag auf die eine auch die andere hinzuhalten, war jedoch nichts anderes zu erwarten.

Von Terrornacht mitgenommen

Viel unvorhersehbarer war jedoch eine Reaktion von Falter-Chefredakteur Florian Klenk auf das Ableben des Terroristen. Klenk harrte in der Terrornacht selbst bis in die frühen Morgenstunden in der Wiener Innenstadt in der Zeitungsredaktion aus. An seinen darauffolgenden Tweets und Artikeln war unschwer zu erkennen, dass ihn das Ereignis mitgenommen hat. So verteidigte Klenk sogar rührend die von ihm oft gescholtene Wiener Polizei mit den Worten: „An alle die hier immer dumm ACAB posten: diese Beamten leisten gerade Heldenhaftes.“ – und handelte sich dadurch sogar einen linksradikalen Shitstorm ein.

Dschihadisten: Menschen wie wir?

Auch an jener Stelle, an der der 20-jährige Terrorist erschossen wurde, wurden 11 Grablichter zum Gedenken an den Mörder abgestellt. Der erklärte Humanist Klenk philosophierte auf Twitter zu einem Foto der Gedenkkerzen: „Der Ort an dem der Attentäter starb. Die 11 Kerzen erinnern daran, dass auch dschihadistische Verbrecher Familie und Freunde hatten, dass sie also Menschen waren wie wir alle. Und nicht nur Monster, Bestien oder Orschlöcher. Den Weg der Radikalisierung gilt es nun zu erkunden.“

Die notwendige Ausnahme verkannt

Dschihadisten sind also Menschen wie wir, meint Florian Klenk. Mittlerweile löschte der den Beitrag jedoch, der Gegenwind dürfte zu heftig gewesen sein. Doch was heißt das?

„Wir sind alle Menschen“ und „alle Menschen sind gleich“ – wir alle kennen die egalitären Phrasen der Linksliberalen. Was wir jedoch auch kennen ist das dazugehörige linke Bonmot „Keine Toleranz der Intoleranz“. Der Humanismus war bisweilen immer eine Regel, die wie jede Regel einer Ausnahme bedurfte. Die Menschen, das sind im linken Diskurs stets die Schwachen, die Farbigen, die Schwulen – kurz die Unterdrückten – und selbst die Pädophilen („Es ist eine Krankheit“). Die Ausnahme waren stets die „Gefährder der westlich-liberalen Demokratie“, die Radikalen, die Starken, die Globalisierungskritischen, die Weißen oder die Männlichen. Auf die Idee, dass auch islamistische Terroristen, die sich selbst als erklärte Feinde des westlichen Humanismus begreifen und gerade deswegen ja zu Mördern werden, Teil dieses Menschheitsbegriffs sein sollen, kam bisher wohl wirklich niemand. Doch dann kam Klenk.

Wer Menschheit sagt, will betrügen

Carl Schmitt sagte: „Wer Menschheit sagt, will betrügen.“ Der Philosoph war davon überzeugt, dass es zur „absoluten Feindschaft“ komme, wenn sich eine Partei den Kampf für den Humanismus auf ihre Fahne geschrieben habe. Wer sich Kämpfer der gesamten Menschheit deklariere, müsse seinen Gegner folgerichtig als „Feind der gesamten Menschheit“ und damit als „Unmenschen“ deklarieren. Darüber herrschte auch – trotz breiter Ablehnung Schmitts – unter Linken bisher Konsens.

Auch der Liberalismus braucht Feinde

So würden die selbsterklärten Humanisten nie auf die Idee kommen, einem rechten Politiker oder einem rechten Aktivisten das Mensch-Sein im humanistischen Sinne zuzugestehen. Sie werden stets als die Feinde der Menschheit deklariert, weil eben „keine Toleranz der Intoleranz“ gilt. Carlo Strenger erklärt in seinem Buch „Zivilisierte Verachtung“, dass es für den humanistischen, liberalen Gedanken notwendig ist, die Feinde der westlich-liberalen Demokratie zu verachten. Ansonsten könnten die liberalen Werte nicht verteidigt werden. Hat Klenk bereits kapituliert?

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