Gräfin Elisabeth Báthory war eine grausame Serienmörderin

22.10.2021 10:41

Wohl jeder hat schon einmal von der historischen Figur des Fürsten Vlad Tepes gehört, nach dem der Schriftsteller Bram Stoker Ende des 19. Jahrhunderts die unsterbliche Vampir-Legende Dracula erschuf. 

Aber Dracula ist nicht die einzige Vampirgestalt, die immer wieder in Filmen und Geschichten auftaucht. Es gibt auch die finstere Gräfin Báthory, die prominent durch die Schauerliteratur geistert, und auch sie hat ein historisches Vorbild. Die sogenannte „Blutgräfin“ machte über hundert Jahre nach Vlad Tepes Transsylvanien unsicher.

Ganz wie Dracula soll sie eine grausame und gewalttätige Adelige gewesen sein – und wie auch bei ihm ist die reale Geschichte bei näherem Hinsehen etwas anders, als man sich dachte.

Elisabeth Báthory wurde 1560 als Tochter hochrangiger ungarischer Adeliger geboren und mit nur vierzehn Jahren mit dem fünf Jahre älteren Franz Nádasdy von Fogarasföld verheiratet. Das Paar zog nach der Hochzeit auf Nádasdys Burg Čachtice und Elisabeth konvertierte zu seinem evangelischen Glauben.

Franz war selten zuhause und verbrachte seine Zeit als Kommandant in mehreren Kriegen für die ungarische Krone. Elisabeth führte in seiner Abwesenheit die Geschäfte, sie verwaltete das Erbe seiner Familie und den Haushalt der Burg. Sie war eine begabte Ökonomin und bald schuldete der ungarische König den Nádasdys eine Menge Geld, mit dem sie seine Kriege finanziert hatten. 

Als Franz am 4. Januar 1604 an einer Krankheit verstarb, erbte Elisabeth Báthory sein gesamtes Vermögen. Auch ihr kinderlos gebliebener älterer Bruder hatte sie in seinem Testament großzügig bedacht. Sie war eine der reichsten Personen Ungarns und sie weigerte sich, erneut zu heiraten. Ihre Familie war bestens vernetzt, ihre drei Kinder hatte sie strategisch günstig verheiratet.

Die Gräfin Báthory wurde von ihresgleichen respektiert und von der Landbevölkerung gefürchtet. Wenn ein Bauer ihr bei einem Ausritt nicht schnell genug aus dem Weg ging, verprügelte sie ihn mit ihrer Reitgerte. Es ging das Gerücht um, dass Mädchen, die auf Burg Čachtice eine Stelle als Dienstmagd angetreten hatten, nie mehr gesehen wurden.

Um die Jahrhundertwende kam es zu erbitterten Scharmützeln zwischen den evangelischen Adligen Transsylvaniens und der katholischen Habsburger Krone, in die auch Verwandte von Báthory verwickelt waren. Als einer ihrer Verbündeten, Gabriel Báthory, sich nach 1608 zu einem Feldzug gegen den König rüstete, war es wahrscheinlich, dass Elisabeth Báthory ihm bewaffnete Reiter aus ihren im ganzen Land verstreuten Burgen zur Unterstützung schicken würde.

Doch dazu kam sie nicht mehr, denn am 29. Dezember 1610 stürmte und durchsuchte Graf Georg Thurzo von Bethlenfalva die Burg der Gräfin. Thurzo hatte in der Vergangenheit schon mehrere reiche, verwitwete Frauen von ihren Verbündeten isoliert, ihre Reputation zerstört und sie mit diversen Anschuldigungen um ihren Besitz gebracht. Gräfin Báthory wusste sehr gut, mit wem sie es hier zu tun hatte, und hatte Thurzo schon Jahre zuvor in einem Brief geschrieben, dass sie kein so leichtes Opfer für seine Intrigen sein würde. 

Was Georg Thurzo bei Báthory vorfand, ging in die Akten eines Jahrhundertprozesses ein. Er berichtete, sofort nach dem Betreten der Burg die ersten Mädchenleichen entdeckt zu haben. Die Gräfin soll junge Frauen aus dem ganzen Land mit dem Versprechen einer Anstellung als Dienstmagd zu sich gelockt und sie dann auf schreckliche Art gefoltert und ermordet haben. Die Gräueltaten, derer sie beschuldigt wurde, waren Schläge und Auspeitschungen bis zum Tode, Verletzungen mit Scheren und Nadeln, Verbrennungen mit heißem Eisen und kochendem Wasser und vieles mehr. 

Heutige Historiker halten Elisabeth Báthory durchaus für eine grausame Serienmörderin junger Frauen. Fest steht aber, dass die Misshandlung und die Ermordung von Dienstboten durch ihre adeligen Herrschaften im Ungarn des 17. Jahrhunderts als normal akzeptiert wurden. Báthorys Brutalität unterschied sich nicht allzu sehr von der anderer Adeliger, sie scheint dabei aber exzessiver gewütet zu haben als ihre Standesgenossen. Solange sie ihre Gewalttätigkeit „nur“ an den Bauernmädchen ihrer Ländereien ausließ, interessierte sich kein Gericht dafür. 

Doch die Gräfin beschränkte sich bei ihrer Gewalt nicht auf die Landbevölkerung, sondern ermordete auch junge Frauen aus dem niederen Adel Ungarns, darunter die Sängerin Helene Harczy, die sie in Wien kennengelernt hatte. Als sie sich an den Töchtern von Adeligen vergriff, war die Grenze für die Herrschenden des Landes wohl überschritten.

Elisabeth Báthory wurde wegen vielfachen Mordes an ihren Dienerinnen verhaftet. Während man ihr den Prozess machte, durfte sie selbst nicht vor Gericht erscheinen und keine Aussage machen. Die Verhandlung bestand aus den Aussagen von Mitangeklagten und Zeugen, teilweise freiwillig gegeben, teilweise unter Folter erzwungen. Gehört wurden unter anderem die Amme von Báthorys Kindern, Helena, ihre langjährige Kammerzofe Dorothea und ihr Hausmeister Johannes. Dorothea sagte aus, von 36 getöteten Mädchen zu wissen, eine andere Zeugin sprach sogar von über 80 Opfern.

Um keine Angehörige des Hochadels hinrichten zu müssen, wurde Báthory zu lebenslangem Hausarrest auf der Burg Čachtice verurteilt. Ihr Hofstaat erfuhr vom Richter weniger Nachsicht: Dorothea und Helena wurden als Mittäterinnen erst die vorderen Fingerglieder abhackt und dann wurden beide lebendig verbrannt, Johannes wurde enthauptet.

Angeblich mauerte man die Gräfin Báthory in ihrem Schlafzimmer im Turm ein und reichte ihr nur durch ein kleines Loch in der Mauer Essen und Wasser, aber dies ist bis heute unbestätigt. Sie lebte dort noch knapp drei Jahre, bis sie am 21. August 1614 verstarb.

Aber woher kommt ihr Ruf als blutgierige Vampirin? Die Legende von der „Blutgräfin“, die so sehr von ihrer Eitelkeit getrieben wurde, dass sie im Blut unschuldiger Jungfrauen badete, um sich ihre Jugend und Schönheit zu bewahren, wurde erst über 100 Jahre nach dem Prozess begründet.

Nachdem der evangelische Sigismund Báthory 1588 die Jesuiten aus Transsylvanien vertrieben hatte, verfasste der Jesuitenmönch László Turóczi 1729 nun eine Schrift, welche anhand von Elisabeth Báthorys Verbrechen die bösen Folgen des Protestantismus aufzeigen sollte. Er sah die Ursache für Báthorys Wahnsinn in ihrem evangelischen Glauben und in weiblicher Eitelkeit und erzählte in seinen Schreiben zum ersten Mal die gruselige Geschichte vom Jungfrauenblut als Kosmetikum.

Angeblich sei beim Foltern eines Mädchens etwas Blut auf Báthorys Handrücken gespritzt und die Haut sei dadurch plötzlich wieder jung und glatt geworden. Die eitle Gräfin habe daraufhin systematisch junge Mädchen ermorden lassen, um in deren Blut zu baden und sich so zu verjüngen.

Nichts davon wird in den Prozessunterlagen erwähnt, es handelt sich um eine freie Erfindung László Turóczis. Doch die blutrünstige und stark sexualisierte Ausschmückung des Geschehenen wurde von nachfolgenden Autoren begierig aufgegriffen und immer wieder als Wahrheit wiederholt. Auch als 1817 die originalen Prozessakten veröffentlicht wurden, setzte sich die Legende von der eitlen Blutgräfin fort, und noch heute verbindet man mit dem Namen Báthory als Erstes das Bild der Gräfin, die sich nackt in einer mit Blut gefüllten Wanne räkelt. 

Die düstere Geschichte wurde seitdem unzählige Male neu interpretiert und inspirierte eine große Menge an Romanen und Verfilmungen. Die Figur der Elisabeth Báthory ging als das weibliche Gegenstück zu Graf Dracula in das beliebte Genre der Vampirgeschichten ein. 

Wer heute als Tourist das Schloss der Gräfin Báthory besucht, dem wird dort publikumswirksam die ganze schaurige Legende erzählt. Was bleibt, ist die Erinnerung an Dutzende namenlose junge Frauen, die der sadistischen Willkür einer Aristokratin zum Opfer fielen, die glaubte, dass man sie niemals für ihre Taten zur Rechenschaft ziehen würde. 

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