Lipödem: mehr als nur dicke Beine. Symptome, Ursachen und Behandlung

15.11.2019 10:54

Mehr Bewegung, weniger Fett und Zucker – wenn es doch so einfach wäre: Lipödem-Betroffene müssen immer wieder erkennen, dass weder Sport noch Ernährung einen Einfluss auf die ständig wachsenden Fettpolster an Armen und Beinen hat. Der Grund liegt auf der Hand: Es handelt sich um eine krankhafte Stoffwechselstörung, die dringend behandelt werden sollte.

Was ist ein Lipödem?
Was sind die Ursachen?
Was sind die Symptome?
Wie erkennt der Arzt ein Lipödem?
Wie wird ein Lipödem behandelt?
Wie kann ich einem Lipödem vorbeugen?
Wie sind die Heilungschancen?

Was ist ein Lipödem?

Ein Lipödem ist eine krankhafte Störung des Fettstoffwechsels im Körper. Arme und Beine werden immer dicker, unabhängig von der Ernährung und von Sport. Denn die Störung bewirkt, dass sich krankhafte Fettzellen doppelt so schnell vermehren wie die gesunden. Zusätzlich kommt es zu Wassereinlagerungen im Gewebe. Lipödem ist also keine Fettleibigkeit durch schlechte Essgewohnheiten, sondern eine Krankheit, gegen die nur eine ärztliche Behandlung hilft.

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Betroffen sind in erster Linie Frauen, selten können auch Männer unter einem Lipödem leiden. Geschätzt hat etwa jede zehnte Frau ein Lipödem, manche stärker ausgeprägt, manche weniger. Sowohl Frauen mit Untergewicht, beispielsweise durch eine Magersucht, als auch fettleibige Frauen können ein Lipödem entwickeln. Da die Erkrankung oft unerkannt bleibt, liegt die Zahl der Betroffenen vermutlich sogar weit höher. Am häufigsten kommt es zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr zur Fettstoffwechselstörung. Da sich die Fettansammlungen vor allem an den Gliedmaßen bilden, nicht jedoch am restlichen Körper, spricht man auch von einer Fettverteilungsstörung.

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Was sind die Ursachen?

Die Ursachen von Lipödem sind bisher nicht bekannt. Vermutlich ist eine Hormon-Störung der Auslöser für das übermäßige Dickerwerden der Beine und Arme. Die hormonelle Umstellung während der Pubertät, einer Schwangerschaft oder der Menopause könnte die Fettstoffwechselstörung auslösen, ebenso nach Absetzen der Pille. Dann vermehren sich die Fettdepots, oft sogar rasend schnell, und die Kleidergröße steigt innerhalb kurzer Zeit um mehrere Größen an.

Ob die Veranlagung der Fettstoffwechselstörung erblich bedingt ist, konnte bisher nicht nachgewiesen werden. In etwa 20 Prozent der Fälle tritt Lipödem vermehrt innerhalb der Familie auf, beim Rest gibt es keinerlei Vorbelastung. Eine weitere Ursache könnte der Konsum von Alkohol sein.

Lipödem hängt nicht mit der Ernährung zusammen!

Für Außenstehende ist es wichtig zu verstehen: Die übermäßigen Fettanlagerungen liegen nicht an einer ungesunden Ernährung oder Bewegungsmangel. Viele Betroffene leiden stark unter den Vorurteilen von anderen Menschen. Doch so viel Sport sie auch treiben und so kalorienarm sie sich ernähren: Lipödem ist diätresistent und kann nicht einfach durch den guten Rat, endlich abzunehmen, behoben werden.

Was sind die Symptome?

Die ersten Anzeichen für ein Lipödem sind vor allem äußerlich sichtbar, erst im Verlauf der Krankheit treten zusätzliche Beschwerden auf. Manchmal entwickeln sich die Fettpolster innerhalb kurzer Zeit, meist zieht sich die Entstehung jedoch über mehrere Jahre hinweg:

  • Fettansammlungen: Po, Beine und Arme werden immer dicker, manchmal sogar innerhalb kürzester Zeit. In etwa 70 Prozent der Fälle sind die Beine betroffen, in nur etwa 30 Prozent auch die Arme.
  • Druckempfindlichkeit: Die Schwellungen reagieren empfindlich auf Druck und Berührung.
  • Neigung zu Hämatomen: Blaue Flecken treten öfter auf.
  • Schmerzen: Die betroffenen Körperstellen schmerzen, sogar im Liegen. Durch den zunehmenden Fettanteil und Wassereinlagerungen wird der Lymphfluss gestört, es kommt zum Lymphstau in den Gliedmaßen. Im Stehen oder Sitzen werden die Schmerzen schlimmer, Wärme wirkt sich ebenfalls negativ aus. Die Schmerzen können sogar so stark werden, dass die Betroffenen arbeitsunfähig werden.
  • symmetrische Fettverteilung: Die Fettverteilung ist symmetrisch, beide Seiten sind also gleichermaßen betroffen.
  • veränderte Proportionen: Im Vergleich zum restlichen Körper sind Beine und Arme überproportioniert. Das kann auch bei Menschen mit Normalgewicht oder sogar Untergewicht sein.
  • Dellen: Es bilden sich unschöne Dellen, die weit über eine Cellulite hinausgehen.
  • beschwerlicher Gang: Im weiteren Verlauf verändert sich das Gangbild. Dadurch können die Gelenke leiden.
  • Bewegungsunfähigkeit: Wird die Krankheit nicht behandelt, können Betroffene Arme und Beine im fortgeschrittenen Stadium gar nicht mehr bewegen.
  • psychische Probleme: Viele Lipödem-Betroffene leiden nicht nur körperlich, sondern auch psychisch unter den unschönen Fettansammlungen.

Typisch für das Lipödem ist, dass Hände und Füße nicht dicker werden. Schreitet die Fettverteilung an Unterarmen und Unterschenkeln weiter fort, kommt es soweit, dass die Fettpolster die Gelenke überlappen. Man spricht dann von einem „Säulenbein“. Durch die veränderten Proportionen des Körpers fühlt es sich für viele an, als seien sie aus zwei verschiedenen Körpern zusammengesetzt.

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Ein weiteres Merkmal der Krankheit: Weder Sport noch eine gesunde Ernährung führen zum Gewichtsverlust. Viele Betroffene quälen sich mit Diäten und einem straffen Sport-Programm, doch alle Mühe bleibt erfolglos.

Die verschiedenen Lipödem-Stadien

Aus medizinischer Sicht wird das Lipödem in verschiedene Stadien eingeteilt:

  • Stadium 1: Noch ist die Fettverteilung in der Unterhaut gleichmäßig, die Haut sieht noch relativ glatt aus.
  • Stadium 2: Erste Knötchen bilden sich im Gewebe. Die Haut wird dellig. Schmerzen können auftreten.
  • Stadium 3: Im Unterhautgewebe bildet sich vermehrt Bindegewebe, das zu Verhärtungen führt. Oberschenkel, Knie und Unterschenkel verformen sich. Die Schmerzen werden stärker, da sich zunehmend Wasser anstaut und auf die Gefäße drückt. Ohne Behandlung kommt es zusätzlich zu einem Lymphödem, bei dem die Lymphflüssigkeit nicht mehr abfließen kann und sich im Gewebe staut.

Wie erkennt der Arzt ein Lipödem?

Bereits beim ersten Verdacht auf ein Lipödem sollte mit dem Arztbesuch nicht lange gewartet werden. Denn je früher die Behandlung begonnen wird, umso besser können die Symptome behandelt und schwerwiegendere Folgen verhindert werden. Da Hausärzte ein Lipödem oft nicht gleich erkennen, ist der Besuch bei einem Spezialisten ratsam. Ein sogenannter Phlebologe kennt sich mit Venen- und Gefäßerkrankungen aus und kann durch gezielte Tests ein Lipödem feststellen. Auch ein Lymphologe ist eine gute Anlaufstelle, um die Beschwerden genauer zu untersuchen.

Für die Diagnose wird der Arzt die betroffenen Gliedmaßen abtasten. Das typische Aussehen gibt ohnehin einen ersten Hinweis auf ein Lipödem. Durch Ultraschall wird zusätzlich untersucht, ob eine Venenschwäche vorliegt.

Wie wird ein Lipödem behandelt?

Von außen betrachtet scheint die Behandlung von Lipödem klar zu sein: weniger essen, mehr bewegen. Doch genau die beiden Komponenten Ernährung und Sport haben keinerlei Effekt auf die Fettverteilung. Abnehmen ist fast nicht möglich, so sehr sich die Betroffenen auch bemühen. Oft sind sie deshalb ratlos und verzweifelt.

Ein Besuch beim Arzt kann helfen, um eine geeignete Therapie zu beginnen. Denn nach einer gründlichen Untersuchung gibt es verschiedene Möglichkeiten, ein Lipödem zu behandeln:

  • OP: Wird das Lipödem frühzeitig erkannt, kann eine Fettabsaugung (Liposuktion) zumindest für einige Zeit Linderung verschaffen. Sie ist die effektivste Behandlungsmethode mit den größten Erfolgschancen. Diese teure Operation müssen Frauen jedoch selbst bezahlen, da die meisten Krankenkassen diese nicht bezuschussen.
  • Lymphdrainage: Bei dieser Anwendung regt der Arzt den Lymphfluss an, was die Schmerzen bessern soll.
  • Kompressionskleidung: Das Tragen von speziellen Strümpfen und Oberteilen entlastet das Gewebe und kann die Schmerzen erträglicher machen. Doch vor allem im Sommer ist die enge, lange Kleidung oft unangenehm.

> Lymphdrainage – Anwendung und Wirkung

Krankengymnastik und eine Pflege der Haut unterstützen den Behandlungserfolg. Obwohl Ernährung und Sport keinen direkten Einfluss auf die Fettverteilung nehmen, sollte bei der Lipödem-Therapie dennoch weiterhin auf gesunde Kost und viel Bewegung geachtet werden. Vor allem Sportarten im Wasser, wie Schwimmen oder Aqua-Jogging, haben durch den Wasserdruck auf das Gewebe einen ähnlichen Effekt wie eine Lymphdrainage.

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Wie kann ich einem Lipödem vorbeugen?

Der Fettumverteilungsstörung lässt sich leider nicht vorbeugen. Um jedoch die Auswirkungen des Lipödems gering zu halten, sollte auf erste Anzeichen geachtet werden. Wenn sich trotz fett- und zuckerarmer Ernährung zunehmend Fettpolster an Beinen oder Armen bilden, ist ein Arztbesuch ratsam. Denn im frühen Stadium kann man noch einiges tun, um das Fortschreiten des Lipödems zu verlangsamen.

Wie sind die Heilungschancen?

Aus heutiger Sicht ist ein Lipödem nicht heilbar. Die Störung des Fettstoffwechsels bleibt dauerhaft bestehen. Allerdings kann ein Arzt die Auswirkungen reduzieren. Bei rechtzeitiger Behandlung lassen sich Schmerzen und Gelenkschäden vermeiden und damit die Lebensqualität der Betroffenen erhöhen. Um den Behandlungserfolg zu unterstützen, sind eine fettarme Ernährung und ausreichend Bewegung sinnvoll.

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