Mann umarmt Scholz auf Flugfeld – für die Vorgänger gab es eine Ohrfeige und Besuch auf der Datsche

26.05.2023 12:52

Es ist eine schwere Sicherheitspanne: Ein Mann ist Olaf Scholz aufs Flugfeld in Frankfurt gefolgt und hat ihn umarmt. Auch die Vorgänger hatten solche Erlebnisse. Es gab eine Ohrfeige für Gerhard Schröder und Besuch auf der Datsche bei Angela Merkel.

Der Mann reist nie allein: Wenn Olaf Scholz außerhalb Berlins im Auto unterwegs ist, begleiten mehrere Fahrzeuge den Kanzler. Vorneweg fährt ein Polizeiauto, dahinter – rund um die Kanzler-Limousine – die Fahrzeuge der Sicherheitsbeamten vom Bundeskriminalamt, sowie die Fahrzeuge der Mitarbeiter von Olaf Scholz. Je nach Reise kann dieser Konvoi immer länger werden, zum Beispiel wenn noch Journalisten mit dabei sind, oder eine Wirtschaftsdelegation den Kanzler begleitet.

Am Mittwoch fuhr Scholz nach der Feier zum 25-jährigen Jubiläum der Europäischen Zentralbank mit einem nicht allzu langen Konvoi auf das Rollfeld des Frankfurter Flughafens. Die Zahl der Fahrzeuge wie auch ihre Nummernschilder werden vorher an der Einfahrt hinterlegt – trotzdem konnte sich ein Mann mit seinem Privatwagen offenbar in die Kolonne einreihen. Als Scholz vor seinem Regierungsflugzeug aus dem Wagen stieg, habe auch der Mann sein Auto verlassen, sei auf den Kanzler zugegangen, habe ihm die Hand geschüttelt und ihn umarmt. Scholz habe es geschehen lassen, seine Sicherheitsbeamten griffen erst danach ein. Einen entsprechenden Bericht der "Bild-Zeitung" bestätigte Regierungssprecher Steffen Hebestreit mittlerweile "im Wesentlichen".

Der Sicherheitsaufwand für Spitzenpolitiker ist groß

Händeschütteln und Umarmung? Klingt nach einem Fan. Aber was, wenn es der Mann nicht so gut mit dem Kanzler gemeint hätte? Der Vorfall in Frankfurt ist eine schwere Panne und dürfte im Kanzleramt und beim BKA noch für Diskussionen sorgen. Den Personenschützern muss man allerdings zugutehalten, dass die Verantwortung, wer auf das Rollfeld fahren kann, nicht bei ihnen liegt.

Der Sicherheitsaufwand für Spitzenpolitiker ist groß, wer besonders gefährdet ist wie der Kanzler, hat Personenschützerkommandos, die aus mehreren BKA-Beamten bestehen und sich in Schichtdiensten rund um die Uhr um den Politiker kümmern. Sie sind überall dabei, bewachen die Hotelzimmer und reisen sogar mit in den Urlaub.

Trotzdem ist der Vorfall auf dem Frankfurter Flughafen nicht das erste Beispiel dafür, das es auch für Spitzenpolitiker gilt: Absolute Sicherheit gibt es nicht. Das liegt auch daran, dass eine totale Abkapselung von den Bürgern von den allermeisten Politikern nicht gewollt ist. Ein Restrisiko nehmen sie in Kauf, die Attentate auf Oskar Lafontaine und Wolfgang Schäuble sind die schlimmsten Beispiele, was passieren kann, wenn dieses Risiko Wirklichkeit wird.

Kohl und Schröder wurden mit Eiern beworfen

Aber auch Scholz' Vorgänger hatten ähnliche Erlebnisse wie jetzt der Kanzler in Frankfurt. Helmut Kohl wurde einst von einem Demonstranten in Halle mit einem Ei beworfen. Der Mann war mit der Politik der Vereinigung nicht einverstanden. Damals war es noch Kohl selbst, der seine Sicherheit zusätzlich gefährdete, weil er voller Wut auf den Eierwerfer zueilte, als wolle er sich den Mann persönlich vorknöpfen. Damals schützten die eigenen Leibwächter den Kanzler, indem sie ihn von einem Handgemenge zurückhielten.

Am 18. Mai 2004 erwischte es Gerhard Schröder bedeutend schmerzhafter. Bei einem SPD-Empfang für Neumitglieder in Mannheim näherte sich der arbeitslose Lehrer Jens Ammoser dem Kanzler und verpasste ihm eine Ohrfeige. Ammoser war erst wenige Wochen zuvor in die SPD eingetreten.

Ammoser begründete seine Tat mit Ärger über Schröders Reformpolitik der Agenda 2010 und berief sich vor Gericht auf sein Widerstandsrecht nach dem Grundgesetz. Das Amtsgericht Mannheim sah das anders: "Die Tat war hinterhältig", hieß es in der Urteilsbegründung. "Es kann einfach nicht sein, dass man seine politische Unzufriedenheit durch körperliche Gewalt auslebt." Der damals 52-jährige Ammoser wurde wegen vorsätzlicher Körperverletzung und Beleidigung zu vier Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Die SPD schloss ihn aus.

Kurz vor der Gerichtsverhandlung war Schröder im brandenburgischen Wittenberge wie Jahre zuvor Kohl von einem Mann mit einem Ei beworfen worden. Der Kanzler verzichtete in diesem Fall auf eine Strafanzeige. Auch in Finsterwalde wurde Schröder im selben Jahr noch einmal Ziel eines Eierwerfers, der ihn aber nicht traf. Damals brach Schröder die Veranstaltung, eine Volksfesteröffnung, zwar ab, stellte aber ebenfalls keinen Strafantrag.

Unerwünschter Besuch bei Angela Merkel

Angela Merkel erhielt 2010 unerwünschten Besuch auf ihrer Datsche in der Uckermark. Einem damals 45-Jährigen Mann, der sie zunächst in ihrer Berliner Privatwohnung besuchen wollte, aber von den Polizeiposten vor der Haustür abgewiesen worden war, gelang es später gleich zweimal, auf Merkels Grundstück in der Nähe von Templin vorzudringen. Es handelte sich um einen Mann aus Mecklenburg, der als Bibliothekar in Stralsund und als freier Journalist gearbeitet hat.

Am 17. Oktober klingelte er das erste Mal an der Haustür, die Kanzlerin war anwesend, öffnete aber nicht. Wie der Mann später der "Berliner Zeitung" berichtete, konnte er das Grundstück betreten, ohne dass er den Polizisten bemerkt wurde. "Da auf mein Klingeln an der Tür niemand geöffnet hat, bin ich in den Garten gegangen, wo ich die Kanzlerin antraf, die gerade ein Telefonat führte. Ich habe ihr einen Brief übergeben und bin dann wieder gegangen."

Wenige Tage später klingelte er morgens um 4:30 Uhr, wie die zuständigen Ermittler damals berichteten. Diesmal öffnete Merkels Ehemann Joachim Sauer, der allein im Haus war. Grund für den zweiten Besuch war der Ärger des Mannes darüber, dass ihm die Kanzlerin nicht auf seinen Brief geantwortet hatte.

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