MUSEEN, THEATER, KÜNSTLER Kulturbetrieb stellt sich hinter Israel-Hasser

11.12.2020 10:35

 

BDS-Aktivisten fordern einen Boykott Israels, weswegen der Bundestag beschloss, die antisemitische Bewegung zu ächten. Dieser Beschluss gegen Judenhass soll rückgängig gemacht werden, fordern nun deutsche Künstler

Mehr Weltoffenheit – auch für Judenhasser?

Eine Initiative deutscher Künstler, Theater und Museen hat zu Beginn des jüdischen Lichterfestes Chanukka einen Aufruf verfasst: Sie protestieren gegen einen Bundestagsbeschluss, der sich gegen Judenhass wendet.

Der zynische Name der Initiative: „Weltoffenheit“.

Die Begründung der Künstler: Durch den Bundestagsbeschluss gegen die antisemitische BDS-Bewegung würden „wichtige Stimmen beiseite gedrängt“.

Im Mai 2019 hatte sich der Bundestag mit überwältigender Mehrheit gegen die BDS-Bewegung ausgesprochen.

BDS fordert einen Boykott Israels und greift Wissenschaftler, Künstler oder Sportler an, wenn diese in Israel oder gemeinsam mit Israelis auftreten. BDS-Aktivisten fordern immer wieder auch zum Boykott israelischer Waren auf.

Nähe der BDS-Bewegung zu Nazi-Hetzkampagne

In der damaligen Bundestagsdebatte wurde deshalb auch mehrmals auf die Nähe der BDS-Bewegung zur nationalsozialistischen Hetzkampagne „Kauf nicht beim Juden!“ hingewiesen.

Eine große Mehrheit der Abgeordneten stimmte deshalb für den Antrag „Der BDS-Bewegung entschlossen entgegentreten – Antisemitismus bekämpfen“. Darin heißt es, dass der Bundestag keine Organisationen oder Projekte finanziell fördern solle, die das Existenzrecht Israels infrage stellen oder zum Boykott Israels aufrufen.

Eine Initiative deutscher Künstler wendet sich nun gegen diesen Beschluss.

Im Plädoyer der „Initiative GG 5.3 Weltoffenheit“ schreiben die Unterzeichner: „Es ist unproduktiv und für eine demokratische Öffentlichkeit abträglich, wenn wichtige lokale und internationale Stimmen aus dem kritischen Dialog ausgegrenzt werden sollen, wie im Falle der Debatte um Achille Mbembe zu beobachten war.“

Der kamerunische Historiker Mbembe gilt als BDS-Unterstützer und Israelfeind, 2018 setzte er sich mit Verweis auf BDS persönlich dafür ein, dass die israelische Professorin Shifra Sagy von einer Konferenz in Südafrika ausgeladen wird – aus dem einzigen Grund, dass Sagy Israelin ist.

▶︎ In der deutschen Kulturszene jedoch hat Mbembe zahlreiche Anhänger. Die wiederum waren empört, als Mbembe wegen seiner antisemitischen Boykottaufrufe im Frühjahr dieses Jahres vom Festival „Ruhrtriennale“ ausgeladen werden sollte.

▶︎ Unterstützung erhielt Mbembe vom Journalisten Stephan Detjen, der Literaturwissenschaftlerin Aleida Assmann und dem Historiker Michael Wildt – allen drei wird im Anschluss an eine Unterstützerliste der „Initiative Weltoffenheit“ auch für ihre Mitarbeit gedankt.

Im Plädoyer der „Initiative Weltoffenheit“ heißt es weiter: „Vor diesem Hintergrund bereitet uns auch die Anwendung der BDS-Resolution des Bundestages große Sorge. Da wir den kulturellen und wissenschaftlichen Austausch für grundlegend halten, lehnen wir den Boykott Israels durch den BDS ab. Gleichzeitig halten wir auch die Logik des Boykotts, die die BDS-Resolution des Bundestages ausgelöst hat, für gefährlich. Unter Berufung auf diese Resolution werden durch missbräuchliche Verwendungen des Antisemitismusvorwurfs wichtige Stimmen beiseite gedrängt und kritische Positionen verzerrt dargestellt.“

Unterstützung aus dem Auswärtigen Amt?

In der Danksagungsliste direkt unter den Unterzeichnern des Plädoyers taucht noch ein weiterer Name auf: Andreas Görgen. Seine Funktion wird auffälligerweise nicht benannt, denn: Görgen ist Leiter der Kulturabteilung des Auswärtigen Amtes.

Unterstützte also tatsächlich ein Spitzenbeamter des Auswärtigen Amtes mit „fachlichem Rat“ eine Initiative, die einen Beschluss des deutschen Parlamentes gegen Judenhass angreift?

BILD fragte im Auswärtigen Amt nach. Das Ministerium erklärt: „Herr Görgen war weder bei der Veranstaltung anwesend, noch hat er an der Formulierung des Aufrufs mitgewirkt, und er ist auch nicht als Unterzeichner geführt. Eine Zustimmung zu seiner Nennung auf der Liste der Danksagungen hat es nicht gegeben.“

Der Beschluss des Bundestages gegen Judenhass stört sie: Unter der Unterzeichnerliste der „Initaitive Weltoffenheit“ findet sich auch der Name Andreas Görgen, Leiter der Kulturabteilung des Auswärtigen Amtes

Seltsam nur: Wie kam Görgen dann auf die Liste? Bereits im Mai geriet Görgen in die Kritik, weil er immer wieder öffentlich Unterstütz

Hier sei auch Außenminister Heiko Maas (54, SPD) in der Pflicht, so Müller-Rosentritt: „Ich erwarte, dass sich der Außenminister hier klar positioniert und sich unmissverständlich hinter den Beschluss des Bundestags stellt. Andernfalls muss man davon ausgehen, dass Außenminister Maas die Argumentationsmuster und Methoden der BDS-Bewegung nicht als antisemitisch ansieht. Damit würde er sogar hinter dem Beschluss seiner eigenen Fraktion zurückbleiben, was bei der SPD schon etwas heißen soll.“

Das Auswärtige Amt distanzierte sich gegenüber BILD deutlich von BDS: „Die Bundesregierung lehnt Boykottaufrufe gegen Israel ab und verurteilt jede Form von Antisemitismus. Das Auswärtige Amt hat bereits vor der Resolution des Bundestags eine Zusammenarbeit mit der BDS-Bewegung ausgeschlossen und fördert seit jeher keine Projekte, die der Unterstützung von BDS dienen.“

„BDS ist antisemitisch“

► Auch die Vizechefin der Unionsfraktion Gitta Connemann (56, CDU) findet klare Worte in Richtung der Initiative: „Der Deutsche Bundestag hat am 17. Mai 2019 gegen den Israelboykott gestimmt. Gemeinsam haben sich Abgeordnete von CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen gegen die BDS-Bewegung gestellt. Das war ein starkes Signal gegen Antisemitismus in Deutschland - und mehr als überfällig.“

Bereits der Zeitpunkt der Initiative sei fraglich, so Connemann. „Nach mehr als einem Jahr (!) haben die Unterzeichner auf einmal Fragen. Mit diesen Fragen sind sie aber nicht auf den Deutschen Bundestag zugegangen. Dort hätten sie Antworten erhalten können. Das war wohl nicht gewollt.“

ung für den BDS-Aktivisten Achille Mbembe verbreitete – und zwar sowohl in seinem Namen als auch dem der Kulturabteilung des Auswärtigen Amtes.

Der FDP-Abgeordnete Frank Müller-Rosentritt (38) fordert Aufklärung: „Diese exponierte Rolle eines ranghohen Regierungsbeamten ist irritierend. Erst die unfassbare Unterstützung des BDS-Sympathisanten Achille Mbembe, nun die Beratung für ein Plädoyer, das sich gegen eine Resolution des Bundestags richtet, welche mit großer Mehrheit verabschiedet wurde, auch mit den Stimmen der SPD.“

Der mediale Aufschlag, um den es den Initiatoren gehe, diene BDS, so Connemann. „Bei BDS geht es nicht um eine Meinung. Bei BDS geht es um eine Tat, nämlich Boykott. 'Deutsche, kauft nicht bei Juden'. Diese Parole war einer der ersten Schritte zum Völkermord. BDS bedeutet nichts anderes als 'Deutsche, kauft nicht bei oder von Israelis.' Antisemitismus und Israelhass sind zwei Seiten derselben Medaille. BDS ist antisemitisch“, so Connemann.

▶︎ So würden in Israel lebende Muslime explizit von Boykotten ausgenommen und jüdische Künstler, die außerhalb Israels leben, zu einer Distanzierung von Israel genötigt. „Ansonsten werden Auftritte boykottiert oder gestört. BDS ist eine antisemitische Bewegung. Ihr Ziel ist nicht Frieden im Nahen Osten, sondern die Auslöschung Israels.“

„Solche Strohmann-Argumente sind infam“

Auch der frühere grüne Bundestagsabgeordnete Volker Beck (59) kritisiert die Initiative: „Als israelische Künstler und Wissenschaftler boykottiert wurden oder Künstler, die in Israel auftraten, mit Boykott bedroht wurden, habe ich von diesem Kreis nichts gehört“, so Beck.

„Jetzt stellen sie sich schützend vor die antisemitische Boykottkampagne, die man zwar nicht unterstützt, aber auch nicht boykottieren soll. Boykottiert die Boykotteure! Und welche Antisemitismusvorwürfe missbräuchlich waren, da bleiben die Autoren sträflich die Antwort schuldig. Solche Strohmann-Argumente sind infam.“

 

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