Offensichtlich sehr schlampig : Baerbock äußert sich zu Lebenslauf-Patzer und Umfrage-Umschwung

11.06.2021 12:12

In der ARD-Sendung "Farbe bekennen" hat Annalena Baerbock ihre jüngsten Patzer bei ihrem Lebenslauf bedauert. Die Grünen-Kanzlerkandidatin sieht darin einen Grund für die fallenden Umfragewerte für ihre Partei.

Grünen-Chefin Annalena Baerbock wird Details ihren Lebenslauf nach eigenen Angaben nicht noch einmal richtigstellen müssen. Die Frage, ob die Korrekturen damit abgeschlossen seien, bejahte sie am Donnerstagabend in der ARD-Sendung "Farbe bekennen".

Die Frage "Warum machen Sie sich toller als Sie eigentlich sind?" wehrte die designierte Kanzlerkandidatin der Grünen ab. "Das hab' ich so nicht gemacht." Sie habe wichtige beruflichen Etappen und ihre Verbindungen zu Vereinen und Organisationen im Lebenslauf auf ihrer Website "sehr komprimiert" dargestellt.

"Das tut mir sehr, sehr leid"

Baerbock hatte auf ihrer Website unter Mitgliedschaften zunächst unter anderem die Transatlantik-Stiftung German Marshall Fund und das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR aufgeführt. Später wurde die Seite geändert, die Überschrift lautet statt "Mitgliedschaften" nun "Beiräte, (Förder-)Mitgliedschaften, regelmäßige Unterstützung".

"Das war offensichtlich sehr schlampig", sagte Baerbock. "Ich habe da offensichtlich einen Fehler gemacht, und das tut mir sehr, sehr leid, weil es ja eigentlich in diesen Momenten um große andere Fragen gerade in unserem Land geht."

Baerbock machte deutlich, dass sie die Kanzlerkandidatur der Grünen nicht an Co-Parteichef Robert Habeck abgeben will. Sie finde es wichtig, zu Fehlern zu stehen und sich zu korrigieren. "Jeder Mensch macht Fehler im Leben." Sich nun zu verstecken oder zurückzuziehen, "das bin ich ganz und gar nicht". Am Samstag soll der Parteitag die Nominierung Baerbocks bestätigen und in der gleichen Abstimmung auch über das Spitzenduo Baerbock und Habeck abstimmen.

Baerbock will Ausgleich für Klimakosten und kritisiert Union

Darüber hinaus ist Baerbock Darstellungen entgegengetreten, ihrer Partei fehle es am sozialen Gespür. Zum Ausgleich für Belastungen beim Klimaschutz verwies sie auf den Vorschlag eines Energiegeldes, das nach dem Willen ihrer Partei pauschal pro Kopf an alle Bürgerinnen und Bürger ausgezahlt werden soll. Auch bei der Steuer wollten die Grünen Geringverdiener entlasten.

"Wir wollen bei Verkehr und Heizen eine ökologische Lenkungswirkung", bekräftigte Baerbock. Allerdings sei dies nicht nur eine grüne Forderung, sondern auch Politik der Bundesregierung, hob sie hervor. Der von ihr genannte künftig um 16 Cent höhere Spritpreis liege nur um einen Cent über dem, was auch Union und SPD beschlossen hätten. 

Kritik übte sie in diesem Zusammenhang an der Union: Es wundere sie schon, wenn diese zwar von mehr Klimaschutz rede, aber "ohne einen sozialen Ausgleich die Klimaziele schaffen will". Die Grünen planten hierfür sowohl eine Senkung des Stompreises als auch das Energiegeld von etwa 75 Euro pro Person und Jahr, das beispielsweise an eine vierköpfige Familie auch viermal gezahlt werden solle.

Baerbock räumte ein, dass die Lage im ländlichen Raum, "wo kein Zug fährt", anders sei als in Städten. Dies gelte es zu berücksichtigen und die Bedürfnisse der Menschen dort mit den Erfordernissen des Klimaschutzes "zusammenzubringen". Die Probleme, die es dort mit Blick auf die Mobilität gebe, "genau das will ich ändern", kündigte Baerbock an.

"Wir wollen den Grundfreibetrag höher machen", stellte die Grünen-Chefin weitere Entlastungen für Menschen mit niedrigen Einkommen in Aussicht. Zudem unterstütze ihre Partei die Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn von zwölf Euro, "was die Union nicht will". Im Gegenzug sollten für Wohlhabende der Spitzensteuersatz erhöht und auch große Vermögen stärker belastet werden. Durch einen "Industriepakt" wollten die Grünen Klimaneutralität in der Stahl- und Grundstoffindustrie unterstützen, sagte Baerbock weiter.

Grüne fallen in Umfragen zurück

Nach Baerbocks Nominierung im April lagen die Grünen in Umfragen zeitweise vor der Union bei 28 Prozent. Im aktuellen ARD-Deutschlandtrend von infratest dimap steht die Partei nun hingegen bei 20 Prozent, die CDU/CSU bei 28 Prozent. Auch im Direktvergleich der drei Kanzlerkandidaten lag Baerbock zeitweise vorn.

28 Prozent der Befragten hätten sich im Mai für sie entschieden, wenn die Kanzlerin direkt wählbar wäre - aktuell landet Baerbock mit deutlichen Verlusten mit 16 Prozent auf Platz drei hinter CDU-Kandidat Armin Laschet und SPD-Kandidat Olaf Scholz. Mit Blick auf die einstigen 28 Prozent persönliche Zustimmung sagte Baerbock: "So heilig war ich nie, sondern alle machen Fehler." Dafür habe sie schmerzlich bezahlt, was man auch in den Umfragen sehe.

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