Pink Lady: Apfel steht in der Kritik

26.11.2020 09:58

Es klingt wie eine nette Geschichte: „Der australische Forscher John Cripps kam 1973 auf die köstliche Idee, eine Kreuzung aus Golden Delicious und Lady Williams zu züchten.“ So liest man auf der Website von Pink Lady – und stutzt: Ein Apfel, der seine eigene Website hat?

Ja! Denn genau genommen ist Pink Lady überhaupt keine Apfelsorte (die heißt Cripps Pink), sondern eine Marke. Die mittlerweile größte Apfelmarke der Welt, mit Lizenznehmern auf jedem Kontinent. Bauern müssen einem speziellen „Club“ beitreten, um den Pink-Lady-Apfel anbauen zu dürfen. Alles wird streng reglementiert und überwacht.

Kritik am Pink-Lady-Apfel kommt allerdings von Verbraucherschützern und Umweltverbänden. Aus 7 Gründen empfehlen sie, den modischen „Designer-Apfel“ links liegen zu lassen. Ob sie dich überzeugen?

1. Preishammer

Ein Pink Lady ist in der Regel teurer als ein anderer Apfel. Das Unternehmen erklärt das mit der besonders langen Reifedauer, die die Apfelsorte Cripps Pink hat. Doch bei genauer Betrachtung ist das Argument schwach. Kunden zahlen vor allem für die intensiven Marketingkampagnen und das Image eines Lifestyle-Produkts.

2. Zerstörte Vielfalt

Obst als Marke: Das bedeutet für den Kunden erwartbare Qualität. Beim Pink-Lady-Apfel ist ganz exakt vorgeschrieben, wie rot, wie rund und wie knackig er sein muss. Sonst erhält der Bauer 90 % weniger Geld.

Das Prinzip ist so erfolgreich, dass immer weniger Apfelsorten angebaut werden. Vor allem alte Apfelsorten sterben aus. Im Supermarkt findet man fast nur noch hochgezüchtete Sorten wie Gala, Golden Delicious, Elstar oder Granny Smith. Die Clubsorte Pink Lady treibt diesen Trend auf die Spitze.

3. Pestizidkeule

Apfelsorten, die besonders sortenrein gezüchtet werden, sind anfälliger für Krankheiten und Schädlinge. Deshalb ist aufgrund der strengen Anbauregeln der Clubsorte Pink Lady auch ein erhöhter Einsatz von Pestiziden nötig.

Anders, als viele glauben, lassen sich Pestizide vom Apfel nicht einfach abwaschen. Sie dringen in die Schale ein und werden mitgegessen.

4. Besonders gesund?

Neue Apfelsorten wie Cripps Pink enthalten wenig Polyphenole. Das macht den Pink-Lady-Apfel besonders knackig und lagerfähig. Allerdings fehlt ihm damit auch ein wichtiger Inhaltsstoff, der Äpfel sonst für unsere Gesundheit so wertvoll macht.

Und: Aufgrund ihres höheren Polyphenol-Anteils haben Allergiker mit alten Apfelsorten seltener Probleme.

5. Ziemlich weit vom Stamm

Ein regionaler Anbau des Pink-Lady-Apfels ist aufgrund der klimatischen Bedingungen in Deutschland nicht möglich. Das verursacht weite Transportwege mit dem LKW aus Südeuropa. Zwischen Juni und September werden die Äpfel sogar mit dem Schiff aus Chile oder Neuseeland zu uns gebracht.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass man im Sommer auch keine heimischen Äpfel essen sollte. Denn diese müssen nach ihrer Ernte im Herbst lange Zeit im Kühlhaus gelagert werden – die Klimabilanz fällt damit teilweise sogar schlechter aus als die der Überseeware.

6. Die Club-Zwinge

In Europa sind Patente auf normale Obst- und Gemüsesorten aus gutem Grund verboten. Mit der Marke Pink Lady wird dieses Gesetz umgangen. Die Apfelbauern werden über die Mitgliedschaft im Pink-Lady-Club an das Unternehmen gebunden, sie müssen Lizenzgebühren zahlen und dürfen ihre Produkte nicht selbst vertreiben.

Was Beobachter befürchten: Je dominierender die Marktstellung von Pink Lady, desto mehr werden Bauern genötigt, diesem „Club“ beizutreten.

7. Umweltbilanz

Aufgrund der langen Transportwege sieht die Umweltbilanz von Pink Lady nicht gerade rosig aus. Immerhin verspricht das Unternehmen, das bis 2030 zu ändern – ohne jedoch zu verraten, wie das gehen soll.

Darüber hinaus werden die Äpfel nicht selten in Plastikfolie eingeschweißt. Seit Anfang 2020 darf zwar der Handel wählen, ob er das will. Ganz auf Plastik verzichten, will Pink Lady aber nicht. Schon gar nicht auf die runden Plastik-Aufkleber mit dem Marken-Logo.

Dass sich Pink Lady in Werbefilmen gern als aktiver Naturschützer darstellt, ist ebenfalls fadenscheinig. Lediglich 2 % der in Europa produzierten Pink-Lady-Äpfel stammen aus biologischem Anbau.

Viele der Kritikpunkte, die gegen Pink Lady vorgebracht werden, betreffen auch andere Obstsorten. Mit der Strategie, ein Naturprodukt zur modischen Marke zu machen, werden jedoch bestimmte Mechanismen der industriellen Landwirtschaft verschärft – ein Phänomen, das bereits von den Chiquita-Bananen bekannt sein dürfte. Über die weitere Entwicklung solcher Clubsorten entscheiden die Kunden.

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