Preiserhöhung um 164 Prozent: Die dreiste Strompreismasche von BEV Energie

22.01.2019 13:24

Der Stromanbieter BEV Energie schockt Verbraucher mit Preiserhöhungen um Hunderte Euro - und das trotz geltender Preisgarantie. Das dreiste Vorgehen empört Kunden und Verbraucherschützer - und wirft Fragen auf.

Schwarze Schafe unter den Stromanbietern sorgen immer wieder für Ärger bei Kunden. Doch was derzeit beim Strom- und Gasanbieter BEV Energie abgeht, zählt definitiv zu den krasseren Fällen. Exorbitante Preiserhöhungen, seltsame Bettelbriefe, intransparente Rechnungen - die Beschwerden von Kunden häufen sich, Verbraucherschützer warnen und die Bundesnetzagentur ist alarmiert.

Dazu muss man wissen, dass es sich bei der BEV Bayerischen Energieversorgungsgesellschaft  nicht etwa um ein gemütliches regionales Traditionsunternehmen handelt, sondern einen 2013 gegründeten Stromdiscounter, der bis Ende 2018 mit aggressiven Kampfpreisen auf Vergleichsportalen wie Verivox und Check24 um Neukunden warb. Marktkenner vermuten, dass BEV mit seinen hohen Neukundenboni in den vergangenen Jahren Hunderttausende Stromkunden gewinnen konnte.

Anbieter, die mit solchen Lockangeboten Kunden ködern, erhöhen in der Regel nach Ablauf der Preisbindung den Strompreisdrastisch, um die Dumpingpreise wieder auszugleichen. Diese Masche ist seit Jahren berüchtigt.

BEV erhöht Preise trotz Preisgarantie

Doch die BEV geht noch darüber hinaus. Seit einigen Wochen verschickt die Firma an ihre Kunden Briefe, in denen sie drastische Preiserhöhungen noch innerhalb der Preisgarantie ankündigt. In einem dieser Schreiben, das dem stern vorliegt, kündigt die BEV ihrem Kunden zunächst eine üppige Preiserhöhung nach Ablauf der Preisgarantie an. Um 164 Prozent soll der monatliche Grundpreis steigen, der Arbeitspreis zusätzlich um mehr als 15 Prozent - unterm Strich bedeutet dies jährliche Mehrkosten von rund 700 Euro.

Doch damit nicht genug: Auf der nächsten Seite heißt es dann unter dem Punkt "einvernehmliche Preisanpassung", dass der höhere Preis trotz geltender Preisgarantie schon ab 1. Februar, also quasi ab sofort, gelten soll. Wer mit der "vorzeitigen freiwilligen Erhöhung" nicht einverstanden sei, könne natürlich jederzeit kündigen, heißt es weiter.

Begründet wird die Sofort-Erhöhung mit "dramatisch steigenden Kosten" für die Strombeschaffung und CO2-Emissionszertifikate. Dass die Beschaffungskosten für Strom in den vergangenen Jahren stark gestiegen sind, ist zwar richtig. Doch kein anderer Anbieter erhöht deshalb derart die Preise. Von den Grundversorgern hat etwa die Hälfte in den vergangenen Wochen die Preise erhöht, allerdings im Schnitt nur um rund fünf Prozent.

Was bezweckt die Stromfirma?

Die Verbraucherzentrale, der ebenfalls derartige Schreiben von BEV vorliegen, erklärt, in welche Zwickmühle der Stromanbieter seine Kunden hier zu manövrieren versucht. Widerspricht der Kunde der vorzeitigen Preiserhöhung nicht, berechnet BEV sofort den höheren Preis. Nutzt der Kunde dagegen sein Sonderkündigungsrecht und kündigt vorzeitig, kann er die bei Vertragsschluss vereinbarte Bonuszahlung verlieren, die an eine bestimmte Vertragslaufzeit geknüpft ist.

Ob die BEV eher auf das eine oder das andere spekuliert, ist unklar. Dass man nun aber nicht einmal mehr bis zum Ende der Preisgarantie warten will, um den Kunden eine Erhöhung reinzudrücken, legt den Verdacht nahe, dass das Geschäftsmodell nicht mehr aufgeht. Bei Verivox und Check24 ist die BEV seit Mitte Dezember nicht mehr gelistet - auf Wunsch des Unternehmens selbst, wie die Vergleichsportale der "Welt" erklärten. Es scheint, als ob die Firma die Lust an der Dumping-Strategie verloren hat

Das können Kunden tun

Rechtens dürfte die einseitig verordnete "einvernehmliche" Preiserhöhung innerhalb der Preisbindung allerdings nicht sein. Die Verbraucherzentrale erklärt, dass ein Schweigen des Kunden die BEV keineswegs dazu berechtigt, einfach mehr Geld einzuziehen. Sie empfiehlt betroffenen Kunden, wie folgt auf das Schreiben zu reagieren.

  • Zunächst einmal sollten BEV-Kunden der einvernehmlichen Preiserhöhung widersprechen und auf Einhaltung der Preisgarantie pochen.
  • Zudem sollten sie das Sepa-Lastschriftmandat kündigen, damit die BEV nicht die erhöhten Abschläge einziehen kann.
  • Um selbst nicht in Zahlungsverzug zu kommen, können Betroffene anschließend einen Dauerauftrag über die bisherigen Abschlagszahlungen einrichten.

Fragen des stern zum seltsamen Geschäftsgebahren der Stromfirma beantwortete die BEV-Pressestelle am Montag nicht. In einem als "Interview" getarnten PR-Text auf der Seite Verbraucherschutz.de (hat nichts mit der Verbraucherzentrale zu tun) spielte das Unternehmen kürzlich die eigenen Preiserhöhungen herunter und verwies auf die Erhöhungen anderer Anbieter. Von der neuen Praxis der "einvernehmlichen Preisanpassungen" innerhalb der Preisgarantie ist dort gar nicht erst die Rede.

BEV schon lange in der Kritik

In der Kritik steht die BEV schon seit Längerem. Die Stiftung Warentest zählte den Stromdiscounter schon 2014 zu den Anbietern, die "keine fairen Tarife" anbieten. Auf dem Beschwerdeportal Reclabox liefen seit Ende 2015 mehr als 2000 Beschwerden ein - vor allem über falsche Abrechnungen und nicht ausgezahlte Guthaben und Boni. Und die Bewertung bei Trustpilot ist verheerend.

Die Verbraucherzentrale Niedersachsen mahnte BEV bereits Ende 2017 erfolgreich wegen irreführender Abschlagszahlungen ab. Und auch die Bundesnetzagentur als Aufsichtsbehörde hat die Skandalfirma bereits ins Auge gefasst: Sie hat laut "Welt" - unabhängig von den jüngsten Preiserhöhungsbriefen - ein Aufsichtsverfahren wegen intransparenter Zwischenabrechnungen und mangelhafter Rechnungen eingeleitet.

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