Rolex stampft neue Fabriken aus dem Boden – und will so überhöhten Preisen ein Ende setzen

16.03.2023 10:58

Seit Jahren muss sich Rolex den Vorwurf der künstlichen Verknappung gefallen lassen. Der Grund: Beliebte Modelle sind weltweit nur schwer zu bekommen – der Verdacht liegt also nahe. Mit temporären Standorten will Rolex die Produktion nun ankurbeln.

Beliebte Rolex-Uhren sind ein knappes Gut. Seit etwa fünf Jahren ist es besonders für Neukunden nahezu unmöglich geworden, ein Exemplar zum Listenpreis – also dem Preis, den Rolex für die Uhr offiziell aufruft – zu bekommen. Möchte man unbedingt eine Rolex kaufen, bleibt oftmals nur der Gang zum Sekundärmarkt, wo die Preise weit über dem Neupreis der autorisierten Juweliere liegen. Ein Umstand, den Rolex nun offenbar mit neuen Produktionskapazitäten ändern möchte.

Denn lange musste man sich den Vorwurf gefallen lassen, dass künstliche Verknappung im Spiel ist. Mit Zahlen konterte das Unternehmen bis heute nicht. Da Rolex von einer Stiftung kontrolliert wird, muss der Konzern keine Geschäftszahlen offenlegen – und tut dies auch nicht. Wie viele (oder wie wenige) Uhren die Werke also jedes Jahr verlassen, ist ein gut gehütetes Geheimnis. Inoffiziell ist die Rede von rund einer Million Uhren jährlich.

Trotz dieser vielleicht großen Zahl verläuft eine Bestellung bei einem Juwelier aus dem Händlerverzeichnis vor allem als Neukunde oftmals wenig zufriedenstellend. Die Antwort des Juweliers liest sich dann unter anderem so: "Die Armbanduhren von Rolex werden, getragen vom Know-how und Engagement der Rolex Mitarbeiter, an vier Standorten in der Schweiz hergestellt, die auf dem modernsten Stand der Uhrmacherkunst basieren. Durch das kompromisslose Bestreben von Rolex nach höchster Qualität und Zuverlässigkeit sowie den rigorosen Testreihen an jeder Uhr kann die Produktion den schnell wachsenden Bedarf nicht decken. Daher kommt es bei besonders gefragten Modellen derzeit zu Wartezeiten von bis zu mehreren Jahren."

Drei neue Standorte in zwei Jahren

Was zunächst wie Augenwischerei und eine Aneinanderreihung von Phrasen wirkt, scheint Rolex allerdings tatsächlich ernst zu meinen – mehr geht einfach nicht. Das zeigt zumindest eine E-Mail an die Nachrichtenagentur "Bloomberg", in der das Unternehmen die Errichtung von drei temporären Standorten ankündigt – zusätzlich zu einer bereits im Bau befindlichen Fabrik in Bulle im französischsprachigen Teil des Kantons Freiburg.

Demnach sollen im Kanton Freiburg in Romont, Villaz und Bulle Lösungen für die Angebotsknappheit entstehen – und zwar vergleichsweise schnell. In Villaz soll die Arbeit bereits 2024 beginnen, Romont soll 2025 folgen. Der dritte Standort in Bulle soll als Rekrutierungszentrum dienen. Erste Uhren von diesen Fabriken, so der Bericht, werden 2025 im Handel erwartet.

Für die neuen Produktionslinien sieht Rolex bis zu 300 neue Mitarbeiter vor, die 2029, nach Fertigstellung der neuen Großfabrik in Bulle, an den neuen Standort wechseln sollen. Zwischen den Gemeinden liegen etwa 20 Kilometer. "Die neue Produktionsstätte in Bulle wird es Rolex, ebenso wie die drei temporären Anlagen, ermöglichen, seine Produktionskapazitäten zu erweitern, das Wachstum zu unterstützen und die ständig steigende Nachfrage zu befriedigen", so das Unternehmen. 

Wenn das Angebot steigt, fallen die Preise am Zweitmarkt

Für den Zweitmarkt sind das keine guten Nachrichten – zumindest aus der Sicht profitorientierter Wiederverkäufer. Denn die Preise für die begehrten Modelle, also "Submariner", "Daytona", "GMT-Master" und Co. sanken zwar in den vergangenen Monaten stetig, konnten sich aber nach Analysen der Uhrenplattform "Chrono24" wieder etwas fangen. Sollte es Rolex aber in zwei Jahren tatsächlich gelingen, die enorme Nachfrage mit einem entsprechenden Angebot zu kontern, entzieht der Konzern dem Graumarkt gänzlich die Grundlage für Aufpreise.

Natürlich wird es auch dann noch Engpässe bei seltenen Uhren oder äußerst begehrten Modellen geben, aber durch die Umsetzung der Pläne käme Rolex wohl wieder dort an, wo der Markt vor etwa fünf Jahren war. Damals lagen auch Modelle wie eine "GMT-Master" ab und an im Schaufenster und der Zweitmarkt lockte Kunden nicht über die Verfügbarkeit der Uhren, sondern tatsächlich mit kleinen Rabatten – heute undenkbar. Für Neukunden und Sammler dürfte ein Zusammenschrumpfen der ewigen Wartelisten eine willkommene Nachricht sein – zumal viele Einträge in den Bestellbüchern verschwinden dürften, sobald nicht mehr mit schnellem Profit in enormer Höhe zu rechnen ist.

 

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