Soforthilfe nach Vergewaltigung: Wo Betroffene Hilfe finden

07.06.2023 12:55

Viele Frauen* und Mädchen erleben sexuelle Gewalt in Deutschland. Wer nach einer Vergewaltigung Hilfe benötigt, wird nicht allein gelassen. Initiativen wie die "Soforthilfe nach Vergewaltigung" unterstützen Betroffene bei der medizinischen Versorgung.

Etwa jede siebte Frau in Deutschland hat seit ihrem 16. Lebensjahr sexualisierte Gewalt erlebt. Das sind lediglich die offiziell erfassten Daten, die Dunkelziffer dürfte weit höher liegen. Kriminologische Studien zeigen, dass nicht einmal jede 15. Tat bei der Polizei angezeigt wird. Darauf verweist die Hilfsorganisation Weißer Ring. Doch wer Opfer einer Vergewaltigung wird, steht nicht alleine da.

"Nach einer Vergewaltigung brauchen betroffene Frauen und Mädchen einen schnellen und unbürokratischen Zugang zur medizinischen Versorgung – ohne dass dabei eine Anzeige bei der Polizei erfolgen muss." Dieses Ziel treibt die Geschäftsführerin Angela Wagner von der Beratungsstelle Frauennotruf Frankfurt an. Dort begann vor zehn Jahren das Modellprojekt "Medizinische Soforthilfe nach Vergewaltigung", dem sich mittlerweile 36 Krankenhäuser bundesweit angeschlossen haben. Etwa 1100 Frauen konnten in diesem Zeitraum versorgt werden, teilt die Organisation mit.

Medizinische Hilfe nach einer Vergewaltigung

Gemeinsam mit ärztlichem Fachpersonal und Vertreterinnen und Vertretern von Polizei, Justiz und Rechtsmedizin hat die Gruppierung gemeinsame Standards erarbeitet, wie nach einer Vergewaltigung geholfen werden kann. Betroffene können sich für eine Untersuchung ohne Befundsicherung entscheiden, oder für eine Untersuchung mit vertraulicher Spurensicherung.

Dabei werden Beweise festgehalten, die bei einer möglichen Anzeige helfen können, ob sie sofort erfolgt oder erst später. Die Initiative rät in diesem Fall dazu, wenn es für Betroffene möglich ist, die Kleidung nicht zu wechseln und nicht zu duschen. Denn dadurch können strafrechtlich relevante Beweise zerstört werden. Das ärztliche Personal darf nicht ohne Einwilligung die Polizei informieren und ist an die ärztliche Schweigepflicht gebunden. Dazu schreibt die Initiative: "Niemand darf Sie wegschicken und niemand darf Sie drängen, Beweismittel sicherstellen zu lassen oder eine Anzeige zu erstatten."

Je früher sich Betroffene in der Notaufnahme einfinden, desto besser. Die medizinische Versorgung ist aber auch noch Tage später möglich. Familienmitglieder oder Verwandte dürfen die Betroffenen begleiten. Auch kann, wenn gewünscht, die Untersuchung durch eine weibliche Ärztin erfolgen, wenn das Krankenhaus dies ermöglichen kann.

Neben Soforthilfe nach Vergewaltigung können Frauen und andere von sexueller Gewalt Betroffene bei zahlreichen weiteren Organisationen Hilfe suchen, etwa beim Weißen Ring, Terre des Femmes oder Frauen gegen Gewalt e.V.. Wer nicht persönlich erscheinen möchte oder kann, kann sich beispielsweise über das Opfer-Telefon des Weißen Rings anonym und kostenfrei Hilfe suchen. Die Nummer ist zwischen 7 und 22 Uhr täglich erreichbar unter 116 006.

Quelle