Soziale Kälte: So will Kurz bei Hackler-Regelung Arbeiter bestrafen

27.10.2020 12:20

Bisher galt in Österreich: Wer 45 Jahre gearbeitet hat, soll abschlagsfrei – das heißt ohne Verlust bei der Pensionsauszahlung – in den Ruhestand gehen können. Jetzt soll die Hackler-Regelung abgeschafft werden, denn sie sei nicht mehr leistbar. Nur so könne die Corona-Krise für Österreich leistbar bleiben, argumentiert Bundeskanzler Sebastian Kurz. Die Opposition kritisiert das Vorhaben als „unsozial“ und befürchtet weitere Sozialkürzungen.

„Wir müssen ja als Staat schauen, dass wir funktionsfähig bleiben“, erklärt Kurz die Pläne zur Abschaffung der Hackler-Regelung. Österreich könne sich die „Corona-Krise“ sonst nicht mehr leisten: „Wenn wir jetzt noch Maßnahmen setzen, dass die Menschen immer früher in Pension gehen, dann werden die sozialen Maßnahmen, die wir in der Krise setzen, irgendwann nicht mehr leistbar sein.“

Die Hacklerregelung wurde erstmalig 2000 in der ersten schwarz-blauen Regierung unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) eingeführt. Jetzt soll sie nach Plänen der schwarz-grünen Regierung unter Schüssels Nachfolger Sebastian Kurz abgeschafft werden.

Kurz: Übergangsphase von einem Jahr

Den Vorwurf, er würde es den Österreichern in der Krise durch diese Pläne noch schwerer machen, versuchte Kurz im Puls 24-Interview wegzuwischen: „Das ist ja nicht mitten in der Krise, sondern da gibt’s eine lange Übergangsphase von einem Jahr.“ Laut Sebastian Kurz wird Österreich also in einem Jahr nicht mehr mitten in der Krise sein.

FPÖ: Startschuss für Vielzahl unsozialer Maßnahmen

Die FPÖ ließ sich davon nicht überzeugen und verortet in den Plänen den „Startschuss für eine Vielzahl unsozialer und ungerechter Maßnahmen“. Deswegen kündigte Herbert Kickl an, Gespräche mit der SPÖ zu suchen um „die Kräfte gegen den massiven schwarz-grünen Anschlag auf die Leistungsträger und gegen den sozialen Kahlschlag in unserem Land zu bündeln.“

Kommt blau-rote Allianz gegen „schwarz-grünen Pensionsklau“?

Die freiheitliche Sozialsprecherin, Dagmar Belakowitsch, werde sich deswegen um die Zusammenarbeit mit der SPÖ in dieser Angelegenheit bemühen, um „die Arbeitnehmer in unserem Land vor dem schwarz-grünen Pensionsklau zu schützen“, erklärte FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl in einer Aussendung.

Auch der Klubvorsitzende der SPÖ, Jörg Leichtfried, verurteilte die Absichten der Regierung: „Menschen, die 45 Jahre gearbeitet und Beiträge gezahlt haben, 45 Jahre ihre Gesundheit riskiert und alles gegeben haben, die Möglichkeit in Pension zu gehen, jetzt wieder wegzunehmen, ist ein Vertrauensbruch.“

„Idiotisch“ in Zeiten von Rekordarbeitslosigkeit

Viele Langzeitbeschäftigte würden gerade in den Jahren kurz vor der Regelpension arbeitslos, erklärt Kickl und führt aus:

„Das heißt, die öffentliche Hand schickt sie noch in Kurse und Schulungsmaßnahmen bzw. unsinnige Beschäftigungsprogramme, statt sie ihre verdiente abschlagsfreie Pension genießen zu lassen. Ob das am Ende billiger ist, wage ich mal ernsthaft zu bezweifeln. Unfair, unsozial und entwürdigend für die Betroffenen ist es allemal. Und gerade jetzt, in Zeiten einer Rekordarbeitslosigkeit, ist es außerdem noch idiotisch“, findet der FPÖ-Klubobmann.

Auch seitens der SPÖ ist die Abschaffung der Hacklerregelung „vor dem Hintergrund von Rekordarbeitslosigkeit sozialpolitisch und volkswirtschaftlich ein großer Fehler.“

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