Stiller Held: Vor 34 Jahren hat der 44-Jährige uns vorm 3. Weltkrieg bewahrt.

05.10.2017 14:18

Am 19. Mai dieses Jahres verstirbt Stanislaw Petrow so, wie er immer gelebt hat: still und unbemerkt. Die Weltöffentlichkeit bekommt nichts mit vom Tod des Witwers, der einsam in einer winzigen Wohnung im Moskauer Vorort Frjasino lebte. Dabei ist Stanislaw Petrow der Mann, der die Welt rettete.

Der Tag, an dem die wohl größte Katastrophe des 20. Jahrhunderts verhindert wird, ist der 26. September 1983. Die Welt befindet sich auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges. Die sowjetische und die US-Regierung versuchen, sich  gegenseitig beim atomaren Wettrüsten zu übertrumpfen. Angespannt wartet jede Seite auf den Überraschungsangriff der anderen.

Der damals 44-jährige Offizier Petrow arbeitet in der Zentrale des Satelliten-Frühwarnsystems „Oko“, das er als Ingenieur selbst mitprogrammiert hat. Damit kann man die Atomraketen zwar 10 Minuten früher melden als zuvor mit Radarüberwachung, jedoch nicht abwenden – nur schneller zum tödlichen Konter anlegen, damit die Menschen auf der Feindesseite ein paar Minuten früher sterben als man selbst.

Kurz nach Mitternacht schlagen die Sirenen auf dem Stützpunkt Alarm: Offenbar ist eine US-amerikanische Rakete abgefeuert worden. Ziel: Sowjetunion. Alle Augen richten sich auf Schichtleiter Petrow. Streng nach militärischer Vorschrift müsste er die Kommandozentrale informieren, damit diese zum Gegenanschlag ausholt – was Millionen Menschen das Leben kosten würde. Doch der Russe zögert: Er hält es für unwahrscheinlich, dass die Amerikaner einen nuklearen Großangriff mit nur einer einzigen Rakete starten würden. Also meldet er Fehlalarm. Doch kurz darauf erneuter Sirenenlärm: Die Satelliten haben vier weitere Raketen erfasst. 

Doch auch diesmal bleibt er skeptisch und folgt seiner Intuition: „Ich vertraute damals meiner Erfahrung und meinem Gefühl. Wir sind klüger als die Computer. Wir haben sie geschaffen“. Erneut gibt er einen Fehlalarm an die Zentrale weiter. „Nur: Sicher war ich mir in dem Moment natürlich nicht“, gibt er zu. 17 lange Minuten muss er bangen, ob er richtig lag; dann geben auch die Radarsysteme Entwarnung: keine nuklearen Sprengköpfe in Sicht. Vermutlich hat das Frühwarnsystem einen von einer seltenen Wolkenformation reflektierten Sonnenstrahl als Raketenstart missinterpretiert. 

Bereits 1984 freiwillig aus dem Militärdienst ausgeschieden, arbeitet der Russe bis zu seiner Rente bei einem Forschungsinstitut und verbringt seine letzten Lebensjahre nach dem Tod seiner Frau bescheiden und zurückgezogen. Nur durch Zufall erfährt die Welt ein halbes Jahr nach seinem Ableben im Mai dieses Jahres vom Tod des Mannes.

Auch wenn Stanislaw Petrow selbst nie ein Held sein wollte: Er wird für immer als der Mann in Erinnerung bleiben, der die Welt und Millionen von Menschen vor einem nuklearen Inferno bewahrt hat.

 

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