Tachykardie (Herzrasen)

01.07.2020 13:39

Ein erhöhter Pulsschlag muss nicht unbedingt besorgniserregend sein. Tritt das Herzrasen öfter auf oder liegt der Puls dauerhaft bei über 120 Schlägen pro Minute, besteht allerdings Handlungsbedarf. Wir erklären, welche Erkrankungen hinter der Tachykardie stecken können und welche Therapiemöglichkeiten es gibt.

Was ist eine Tachykardie?
Was sind die Ursachen einer Tachykardie?
Was sind die Symptome?
Wie erkennt der Arzt eine Tachykardie?
Wie wird eine Tachykardie behandelt?
Wie kann ich vorbeugen?
Wie sind die Heilungschancen?

Was ist eine Tachykardie?

Das Herz eines gesunden Erwachsenen schlägt im Ruhezustand normalerweise 60 bis 80 oder 90 Mal pro Minute. Wenn wir Sport treiben, aufgeregt sind oder Angst haben, schießt der Puls kurzfristig nach oben – das ist harmlos und legt sich in der Regel nach kurzer Zeit wieder. Auch der Genuss von Kaffee kann den Puls für einen begrenzten Zeitraum erhöhen. Bei einer Tachykardie ist der Herzschlag dauerhaft erhöht: Die physiologische Herzfrequenz liegt dann bei mehr als 100 Schlägen pro Minute. Laut Definition ist eine Tachykardie also eine schnelle Herzrhythmusstörung. Mediziner unterscheiden dabei verschiedene Formen: Vorhofflimmern, Vorhofflattern, AV-Knoten-Reentry-Tachykardie, WPW-Syndrom, fokale atriale Tachykardie und Kammerflimmern.

Am häufigsten ist das Vorhofflimmern, welches meist die Folge einer Herzkrankheit ist und vor allem ältere Patienten betrifft: Das Herz schlägt deutlich schneller und unregelmäßig. Das Risiko, ein gefährliches Blutgerinnsel in der linken Vorkammer zu entwickeln, ist erhöht. Beim Vorhofflattern steigt der Puls auf bis zu 300 Schläge pro Minute, auch hier liegt meist eine Grunderkrankung wie zum Beispiel eine koronare Herzerkrankung vor. Die AV-Knoten-Reentry-Tachykardie tritt anfallsmäßig in unregelmäßigen Abständen auf und kommt vermehrt bei jüngeren Patienten vor.

Beim Wolff-Parkinson-White-Syndrom, auch WPW-Syndrom genannt, ist eine angeborene Veränderung des Herzmuskels der Grund für die Tachykardie. Von einer fokalen atrialen Tachykardie spricht man, wenn eine Art „Fehlzündung“ des Herzmuskels vorliegt. Das Kammerflimmern tritt oft als Folge eines Herzinfarkts auf und muss dringend behandelt werden. Gut zu wissen: Das Gegenteil der Tachykardie ist die Bradykardie. Mit diesem Fachbegriff wird ein verlangsamter Herzschlag bezeichnet.

Was sind die Ursachen einer Tachykardie?

Oft steckt eine eher harmlose Ursache hinter dem Herzrasen wie zum Beispiel körperliche Anstrengung, Angst, Stress oder Aufregung. Das Herz schlägt dann schneller, um die Muskeln und Organe besser zu durchbluten und mit Sauerstoff zu versorgen. Auf diese Weise stellt sich der Körper auf einen möglichen Kampf oder eine Flucht ein. Aber auch verschiedene Herzkrankheiten wie zum Beispiel Herzklappenerkrankungen, Herzinsuffizienz und Bluthochdruck, fachsprachlich Hypertonie genannt, können zu einer Tachykardie führen. Weitere Grunderkrankungen, die eine Tachykardie zur Folge haben können, sind eine Schilddrüsenüberfunktion, eine Blutvergiftung, eine Lungenembolie sowie Blutarmut, im Fachjargon Anämie genannt. Auch die Vererbung scheint bei der Entwicklung von Herzrhythmusstörungen eine Rolle zu spielen.

Einfluss auf die Herzfrequenz können auch die Hormone nehmen: Während der Wechseljahre klagen zum Beispiel viele Frauen neben Schweißausbrüchen und Hitzewallungen über Herzrasen. Auch während der Schwangerschaft bemerken viele Frauen einen beschleunigten Puls: Das Herz-Kreislauf-System muss nun zwei Körper versorgen und pumpt vermehrt Blut in die Gefäße. Bei Infektionskrankheiten wie Grippe, bei Vergiftungen, Unterzucker sowie Kalium- oder Magnesiummangel kann der Puls ebenfalls beschleunigen.

Der Konsum von Alkohol, das Rauchen sowie verschiedene Medikamente wie zum Beispiel einige Anti-Baby-Pillen, Antidepressiva, Antihistaminika und Cortison können ebenso die Herzfrequenz beeinflussen. Bei einer Chemotherapie kann Herzrasen als unerwünschte Nebenwirkung vorkommen. Tritt die Tachykardie bevorzugt in der Nacht auf, kann auch eine Panikattacke dahinterstecken: Zum nächtlichen Herzrasen, im Schlaf bzw. im Liegen kommen dann oft weitere Beschwerden wie Zittern und Atemnot.

Was sind die Symptome?

Ist die Herzfrequenz erhöht, spürt man häufig den eigenen Herzschlag. Dieses Phänomen wird auch Herzklopfen oder Palpitationen genannt. Bei einer Tachykardie schlägt das Herz schneller und unregelmäßig, es kommt zu Herzrasen und Herzstolpern. Als Faustregel gilt: Ein anhaltender Puls über 120 sollte ärztlich abgeklärt werden, ab 150 Schlägen pro Minute liegt eine ausgeprägte Tachykardie vor, die behandelt werden sollte.

Auch ein gelegentliches gutartiges Herzrasen, das sogenannte Herzjagen, sollte medizinisch untersucht werden, um ernsthafte Grunderkrankungen auszuschließen. Von einer paroxysmalen Tachykardie spricht man, wenn das Herzrasen plötzlich und unabhängig von bestimmten Situationen beginnt und sich ebenso unerwartet wieder legt.

> Wie gefährlich sind Herzrhythmusstörungen?

Der erhöhte Pulsschlag kann bei einer Tachykardie mitunter von weiteren Symptomen wie Schwindel, Übelkeit, Brustschmerzen, Schwäche, Müdigkeit, Fieber und Luftnot begleitet werden. Je nach Art und Ausprägung der Tachykardie kann es in schweren Fällen zu Bewusstlosigkeit, Kreislaufstillstand und sogar zum plötzlichen Herztod kommen. Wichtig: Kleinkinder haben auch in Ruhe meist eine höhere Herzfrequenz als Erwachsene. Beim Kind ist ein Puls von 100 Schlägen in der Minute daher nicht unbedingt besorgniserregend.

Wie erkennt der Arzt eine Tachykardie?

Wenn Ihr Ruhepuls dauerhaft deutlich über 100 Schlägen in der Minute liegt, sollten Sie einen Arzt aufsuchen. Er wird Sie zunächst fragen, ob bestimmte Vorerkrankungen wie Herzrhythmusstörungen bekannt sind, ob das Herzrasen in Zusammenhang mit Angst, sportlicher Betätigung oder Stress auftritt und ob Sie Medikamente einnehmen. Außerdem interessiert Ihren Arzt, seit wann die Beschwerden bestehen, ob das Herzrasen plötzlich oder allmählich beginnt und endet und ob es in Kombination mit anderen Symptomen wie Atemnot oder einem Druckgefühl in der Brust einhergeht.

Auf die Anamnese folgt die körperliche Untersuchung: Der Arzt ermittelt Ihren Puls, hört das Herz ab und misst den Blutdruck. Um bestimmte Grunderkrankungen auszuschließen, fertigt der Arzt ein Blutbild an: Anhand der Blutwerte können zum Beispiel Schilddrüsenprobleme oder ein Kaliummangel festgestellt werden. Eine genauere Diagnostik ermöglicht das Elektrokardiogramm, kurz EKG: Es zeichnet die Aktivität der Herzmuskelfasern auf und gibt Aufschluss darüber, ob die Störung im Vorhof oder in der Kammer entsteht.

Tritt die Tachykardie vor allem nach dem Sport auf, kann der Arzt ein Belastungs-EKG anordnen. Ein Langzeit-EKG ist sinnvoll, wenn sich die Beschwerden gelegentlich und plötzlich äußern. Unter Umständen werden weitere Untersuchungen wie ein Herz-Ultraschall, eine Röntgenaufnahme des Brustkorbs oder ein Kardio-CT bzw. ein Kardio-MRT angeordnet.

Wie wird eine Tachykardie behandelt?

Bei der Therapie gibt es mehrere Möglichkeiten. Einige Arten der Tachykardie kann der Arzt mit Medikamenten behandeln. Infrage kommen zum Beispiel Natrium-, Kalium- und Calcium-Kanalblocker sowie Betablocker. Besteht die Gefahr, dass sich ein Blutgerinnsel bildet, welches zu einem Schlaganfall führen kann, werden im Laufe der Therapie zusätzlich Blutgerinnungshemmer verordnet. Steckt die Psyche hinter der Tachykardie, kann der Arzt die Angstzustände mit Beruhigungsmitteln wie Benzodiazepinen behandeln.

In schweren Fällen gehört eine Operation zu den notwendigen Maßnahmen: Bei einer Herz-OP entfernt der Arzt die Bereiche des Herzmuskels, die die Rhythmusstörungen auslösen. Alternativ kann der Arzt mithilfe eines Herzkatheters das entsprechende Gewebe zerstören. Dieser Eingriff wird Katheterablation genannt. Ist eine Herzinsuffizienz die Ursache, kann ein Herzschrittmacher eingesetzt werden.

> Herzschrittmacher – kleiner Lebensretter

Liegt Kammerflimmern oder Kammerflattern vor, besteht für den Patienten Lebensgefahr. Mithilfe eines starken Stromstoßes aus dem Defibrillator kann der Arzt den rasenden Herzschlag verlangsamen. Ist kein Defibrillator zu Hand, kann ein Faustschlag auf den Brustkorb als Notfallmaßnahme dienen. In jedem Fall sollten Sie sofort den Rettungsdienst rufen.

Wie kann ich vorbeugen?

Was können Sie selbst tun, um zu verhindern, dass das Herz aus dem Takt gerät? Wichtigste Maßnahme: Verzichten Sie auf Genussmittel wie Alkohol, Tabak und Kaffee, die den Puls beschleunigen können. Achten Sie auf ein gesundes Normalgewicht – Übergewichtige sollten versuchen, die überflüssigen Pfunde loszuwerden. Eine ausgewogene Ernährung und ausreichend Bewegung helfen dabei.

Manche Menschen erleben hohen Puls vor allem nach dem Essen: Durch die körperliche Belastung während der Verdauung kommt es zum Herzrasen. Können bestehende Herz- und Gefäßkrankheiten als Ursache der Tachykardie ausgeschlossen werden, kann ein Verzicht auf stark zucker- und fetthaltige Speisen helfen, den Beschwerden vorzubeugen. Vermuten Sie Stress als Ursache der Tachykardie, sollten Sie versuchen, mit Entspannungsübungen wie Yoga oder progressiver Muskelrelaxation die Belastung zu verringern.

Wie sind die Heilungschancen?

Viele Menschen erleben im Laufe ihres Lebens eine leichte Form des Herzrasens. Dies verkraftet ein gesunder Körper gut und legt sich in der Regel wieder, wenn die entsprechende physische oder psychische Belastung durch Sport, Angst oder Stress abnehmen. Ist das Herzrasen eine Begleiterscheinung einer vorliegenden Grunderkrankung, sollte der Arzt diese behandeln, um die Beschwerden dauerhaft zu lindern.

Dazu zählen zum Beispiel Angst- und Panikstörungen, Durchblutungsstörungen, Epilepsie, Diabetes und Schilddrüsenprobleme. Ist die Grunderkrankung erfolgreich behandelt, verschwindet meist auch das Herzrasen. Ob die Tachykardie heilbar ist und wie die Lebenserwartung des Patienten aussieht, hängt also von der Ursache und deren Behandelbarkeit ab.

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