Umfrage: Mehrheit der deutschen Führungskräfte hält mögliche AfD-Regierung schlecht für die Wirtschaft

02.02.2024 11:00

Unter Deutschlands Führungskräften herrscht große Einigkeit: Eine AfD-Regierungsbeteiligung wäre schlecht für die Wirtschaft. Ein Parteiverbotsverfahren lehnen einer Umfrage zufolge die meisten Entscheidungsträger ab.

Von Florent Gallet

Die AfD steht unter Druck. Auch Führungskräfte aus deutschen Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen sind angesichts der Höhenflugs der Partei in den Umfragen alarmiert. So wie Hunderttausende Menschen, die nach den Enthüllungen des Medienhauses "Correctiv" über ein Geheimtreffen von Rechtsextremen, AfD- und CDU-Politikern sowie Mitgliedern der erzkonservativen Werteunion, in ganz Deutschland auf die Straße gegangen sind. Die Debatte über ein Parteiverbot ist in vollem Gange.

Das Marktforschungsinstitut Leseranalyse Entscheidungsträger (LAE) wollte wissen, wie deutsche Führungskräfte die AfD einschätzen. Dazu befragten die Meinungsforscher 1102 Entscheidungsträger aus Wirtschaft und Verwaltung. Die Umfrageergebnisse liegen dem stern exklusiv vor. 72 Prozent denken demnach, eine Regierungsbeteiligung der AfD auf Länderebene würde der wirtschaftlichen Entwicklung schaden. Fünf Prozent erwarten das Gegenteil: Eine Regierungsbeteiligung der AfD wäre aus ihrer Sicht gut für die Wirtschaft. In Sachsen, Thüringen und Brandenburg finden im September Landtagswahlen statt. In allen drei Bundesländern liegt die AfD laut RTL/ntv-Trendbarometer auf Platz eins. Eine AfD-Landesregierung ist aber selbst bei einem Wahlsieg unwahrscheinlich, da CDU, FDP, Grüne und Linke eine Koalition mit der AfD kategorisch ausschließen.

Vielen ist unklar, wofür die AfD steht

Die befragten Führungskräfte sollten auch einschätzen, wie sie die Wirtschaftspolitik der AfD verstehen: Setzt die Partei eher auf staatliche Eingriffe oder einen freien Markt? Drei Viertel der Befragten konnten diese einfache Frage nicht beantworten. Für sie sind im Programm der AfD keine klaren wirtschaftspolitischen Vorstellungen erkennbar. Der Rest ist sich uneinig: 15 Prozent glauben, dass eine AfD-Regierung dem Markt freie Hand lassen würde, sechs Prozent gehen in diesem Fall davon aus, dass die Partei in diesem Fall auf staatliche Eingriffe setzen würde.

In ihrem Wahlprogramm fordert die AfD eine radikal marktliberale Wirtschaftspolitik. Man wolle die Wirtschaft "von politisch herbeigeführten Belastungen komplett befreien". Dennoch inszeniert sich die AfD gerne als "Partei der kleinen Leute". So solidarisierte sich die Partei mit den Bauernprotesten und deren Forderung nach Beibehaltung der Agrardiesel-Subvention – obwohl das AfD-Wahlprogramm staatliche Unterstützungen für die Landwirtschaft ablehnt.

Führungskräfte sind gegen AfD-Verbotsdebatte

Auch wenn die Mehrheit der befragten Führungskräfte die AfD kritisch sieht: Von einem Verbot hält die Mehrheit wenig. 70 Prozent lehnen ein Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht ab, nur 22 Prozent sind dafür. Ein Parteiverbot war unter anderem vom ehemaligen Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse ins Gespräch gebracht worden. Er forderte die Prüfung eines entsprechenden Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht. Erst am Donnerstag nahm Bundesratspräsidentin Manuela Schwesig (SPD) Unterschriften von mehr als 800.000 Menschen entgegen, die die Prüfung eines AfD-Verbotsverfahrens fordern. Die rechtlichen Hürden für ein Parteiverbot sind jedoch hoch. Vizekanzler Robert Habeck warnte jüngst im sternInterview, "der Schaden durch ein gescheitertes Verbotsverfahren wäre massiv".

Nach einem Höhenflug im Herbst hat die AfD seit der Veröffentlichung der "Correctiv"-Recherche zum Geheimtreffen in Potsdam in den bundesweiten Umfragen deutlich verloren. Bei dem Treffen stellte der österreichische Rechtsextremist Martin Sellner einen Plan zur massenhaften Abschiebung von Menschen mit Migrationshintergrund vor. Unter den Teilnehmern waren auch hochrangige AfD-Politiker, darunter der persönliche Referent von Co-Parteichefin Alice Weidel. Das RTL/ntv-Trendbarometer sieht die Partei in der Sonntagsfrage zur Bundestagswahl aktuell bei 19 Prozent, ein Minus von vier Prozentpunkten seit Mitte Dezember.

LAE hat für die Erhebung vom 23. bis 30. Januar 2024 insgesamt 1102 Entscheidungsträgerinnen und -träger befragt. Hierzu zählt das Institut unter anderem Selbstständige mit Angestellten, leitende Angestellte mit einem mit persönlichem Monatsnettoeinkommen von mindestens 3700 Euro sowie Beamtinnen und Beamte ab Besoldungsstufe A14. Die Ergebnisse sind für diese Personengruppe repräsentativ.

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