Warum Meditation viel mehr kann als nur Stress abbauen

05.02.2019 13:26

Neue Forschungen zeigen: Achtsamkeit und Meditation können einem bedenkenlosen, umweltschädlichen Konsum entgegenwirken. Ein harter Brocken aber ist die Einstellungs-Verhaltens-Lücke

Meditieren für mehr Nachhaltigkeit: Studien zeigen, dass meditierende Menschen weniger Wert auf materielle Güter legen

Gute Nachrichten für Menschen, die meditieren: Die Chancen stehen gut, dass sie nicht nur sich selbst damit einen Gefallen tun – sondern auch der Umwelt. Weil sie weniger Interesse an materiellem Konsum haben. Und damit einen kleineren ökologischen Fußabdruck.

Dass es einen Zusammenhang zwischen Meditationspraxis und einem nachhaltigen Lebensstil gibt, haben einige Pionier-Studien zum Thema gezeigt. Jetzt konnten die Psychologin Sonja Geiger von der TU Berlin und ihre Kollegen in einer auf drei Jahre angelegten Studie in Zusammenarbeit mit Schulen, Universitäten und Unternehmen zeigen: Achtsamkeitstraining wirkt.

Meditation senkt die Bedeutung von materiellen Gütern

Die achtwöchigen Kurse haben nachweislich dazu geführt, dass über 100 Teilnehmer ihre Einstellungen geändert haben: Sie waren anschließend weniger materialistisch orientiert. Dinge und persönlicher Besitz als Gradmesser für Glück oder Erfolg verloren für sie an Wert. Außerdem gaben die Studierenden unter den Teilnehmern an, sich nach dem achtwöchigen Training subjektiv besser zu fühlen. Sie empfinden ihr Leben als sinnerfüllter.

Sonja Geiger überrascht das nicht. „Vorige Studien konnten nicht nur zeigen, dass Achtsamkeit das subjektive Wohlbefinden steigert“, sagt sie. „Sondern auch, dass weniger materialistische Einstellungen mit einem höheren Wohlbefinden einhergehen.“

Die Umweltpsychologin hofft, dass Achtsamkeitstrainings zukünftig zum Beispiel in den Schul- und Arbeitsalltag integriert werden. Nicht nur, weil es Kindern und Arbeitnehmern guttut. Sondern, um das umweltschädliche Konsumniveau unserer Gesellschaft langfristig zu senken.

Frühere Forschungen bestätigt

Dass Meditation und Achtsamkeitstrainings nicht nur gestresste Manager vor dem Burnout bewahren können, sondern auch materiellen Konsum eindämmen können – auch darauf lieferten frühere Studien Hinweise. Denn solche Trainings wirken eingefahrenen Routinen entgegen – die oft zu nicht nachhaltigen Konsumentscheidungen führen. Außerdem stärken sie Mitgefühl und soziales Verhalten – und fördern so indirekt nachhaltige und soziale Konsumentscheidungen, etwa zugunsten von Fair-Trade-Produkten.

Die Einstellungs-Verhaltens-Lücke ist ein hartnäckiges Problem

Als ein harter Brocken erwies sich dagegen die Einstellungs-Verhaltens-Lücke. Der Begriff beschreibt das Phänomen, dass Menschen zwar viel über die Folgen umweltschädlichen Verhaltens wissen, etwa den Klimawandel – sich aber trotzdem klimaschädlich verhalten: eines der zentralen Probleme auf dem Weg in eine nachhaltige Gesellschaft. Um diese Lücke zu schließen, so Sonja Geiger, ist ein achtwöchiger Kurs einfach zu kurz. Immerhin zeigten die Teilnehmer langfristig die Tendenz, sich nachhaltiger zu ernähren: mit Bio- und Fairtrade-Produkten und mehr frisch Zubereitetem.

Was im Rahmen der Studie nicht untersucht wurde: Ob Menschen, die regelmäßig meditieren, im Durchschnitt tatsächlich einen kleineren ökologischen Fußabdruck haben. Sonja Geiger ist vorsichtig: Denn wer etwa zum Meditieren regelmäßig nach Indien fliegt, macht die positiven Wirkungen der inneren Einkehr im Handumdrehen zunichte.

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