Warum sich zwei Staaten um diesen unbewohnten Felsen streiten

15.03.2019 09:21

Die Hans-Insel ist ein unbewohnter, vegetationloser Felsen mitten im Nirgendwo. Dennoch streiten sich Dänemark und Kanada seit Jahrzehnten darum, zu welchem Land die Insel denn nun gehört. Da werden die Besitzansprüche auch schon mal mit Alkohol markiert...

Hans Island ist ein knapp 1,3 Quadratkilometer großer Felsen im Meer, auf dem es weder Leben noch wichtige Rohstoffe gibt – und dennoch streiten sich Kanada und Dänemark seit Jahrzehnten darüber, wem denn nun die Insel gehört. Denn als die Staaten 1973 in einem UNO-Vertrag die Grenze zwischen dem kanadischen Ellesmere Island und dem zu Dänemark gehörenden Grönland festlegten, lag Hans Island genau dazwischen, bzw. direkt auf der Demarkationslinie.

Technisch gesehen gehöre die Insel sogar zu beiden Ländern, wie „Business Insider“ berichtet. Da sie wirtschaftlich aber so unbedeutend ist, erhob niemand offiziell Besitzanspruch auf sie – bis zu einem Tag im Jahr 1984. Der damalige dänische Minister für grönländische Angelegenheiten besuchte Hans Island und stellte eine dänische Flagge auf, zusammen mit einem Schild: „Welcome to the danish island“ („Willkommen auf der dänischen Insel“). Bei seinem Abschied ließ er außerdem eine Flasche Schnaps zurück – der Beginn des wohl skurrilsten (und friedlichsten) Insel-Streits der Welt.

Bei jedem Besuch eine Flasche Alkohol

Laut der Webseite „Elite Readers“ patrouillieren auch heute noch in den Gewässern rund um die Insel Schiffe beider Nationen – und jedes Mal, wenn ein Soldat die Insel betritt, stellt er die Flagge seines Landes auf, entfernt die Flagge des anderen Staates und lässt in Erinnerung an den Präzedenzfall eine Flasche Alkohol zurück, entweder dänischen Schnaps oder kanadischen Whiskey.

Dabei war die Insel, die nach dem grönländischen Arktisforscher Hans Christian Hendrik benannt ist, 1933 von einem Vorgänger des heutigen Internationalen Gerichtshofes eigentlich bereits Dänemark zugesprochen worden – mit der Gründung der Vereinten Nationen im Jahr 1945 war die Entscheidung aber hinfällig, und Hans Island geriet aufgrund seiner Bedeutungslosigkeit in Vergessenheit. Bis 1984 eben.

Auch im Netz tobt der Kampf

Der Insel-Streit treibt auch im Netz bizarre Blüten: So haben vermutlich pro-dänische Patrioten eine Webseite namens „Free Hans Island“ eingerichtet, auf der sie unter anderem Kanada vorwerfen, mit „regelmäßigen Angriffen“ die dänische Souveränität zu verletzen – und einen Ausschluss des Landes aus der NATO fordern. Und laut „Spiegel“ sponsorte zumindest damals das dänische Außenministerium auf der kanadischen Version von Google einen Link, der bei der Suche nach Hans Island Treffer ergab wie „Hans Island is Danish – Does ‚Hans‘ sound Canadian? – Danish name, danish island.“ Ein Privatmann aus Kanada konterte daraufhin mit einem eigenen Sponsored Link, der das genaue Gegenteil behauptete.

Doch das ist noch nicht alles: Wie die Zeitung „The Star“ berichtet, ernannte sich 2006 ein Student aus Ottawa selbst zum Prinzen von Hans Island und erklärte sie zum unabhängigen Staat Tartupaluk (der grönländische Name der Insel) – wohl eher eine kurzlebige „Schnaps“-Idee, obwohl er laut dem Blatt damals angab, „hunderte von Einbürgerungsanträgen“ zu erhalten.

Seit 2018 wird an einer friedlichen Lösung gearbeitet

Im Streit zwischen Dänemark und Kanada um Hans Island war lange Zeit keine Einigung in Sicht. Seit 2005 gibt es zumindest eine Übereinkunft, dass jedes Land die andere Seite informieren muss, wenn es plant, die Insel zu besuchen.

Im Sommer 2018 wurde ein Gremium bestehend aus Anwälten und Experten aus unterschiedlichen Behörden und Organisationen einberufen. Diese soll nun ein für alle Mal entscheiden, zu welchem Land Hans Island gehört. Auch der Vorschlag, dass sich Kanada und Dänemark die kleine Insel teilen, soll diskutiert werden.

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Verantwortung über die Insel den in Grönland ansässigen Inuit zu übertragen – oder Hans Island in einen Naturpark zu verwandeln..

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