Was ist riskanter Alkoholkonsum und ab wann ist man Alkoholiker?

13.01.2022 10:57

Sie machen sich Sorgen, dass Ihr Mann oder ein Elternteil zu oft einen über den Durst trinkt, und fragen sich: Ab wann beginnt eine Alkoholabhängigkeit? Welche Symptome weisen auf eine Sucht hin und welche Alkoholmenge gilt als riskant?

Welche Menge gilt als riskanter Alkoholkonsum?

Die Initiative "Kenn dein Limit" der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) definiert risikoarmen Alkoholkonsum folgendermaßen: Gesunde erwachsene Frauen können an fünf Tagen pro Woche je ein Standardglas eines alkoholischen Getränks genießen, ohne dass ihre Gesundheit im Vergleich zu Abstinenzlern gefährdet ist. Männer vertragen jeweils die doppelte Menge.

Ein Standardglas enthält 10 bis 12 Gramm reinen Alkohol. Für beliebte alkoholische Getränke beträgt das Fassungsvermögen jeweiliger Standardgläser

  • für Wein: 125 ml
  • für Bier: 300 ml
  • für Sekt: 100 ml
  • für Schnaps: 40 ml

Wer mehr Alkohol trinkt oder keinen Tag der Woche ohne Alkohol auskommt, betreibt riskanten Alkoholkonsum. Das bedeutet, dass Körper und Geist auf lange Sicht gesehen unter diesem Trinkverhalten leiden und gesundheitliche Schäden möglich sind, die es mit risikoarmen Konsum oder völligem Alkoholverzicht nicht gegeben hätte.

Ab wann beginnt eine Alkoholabhängigkeit?

Allerdings ist nicht jeder Mensch, der mehr als die empfohlene Menge trinkt, gleich ein Alkoholiker. Eine Alkoholsucht schleicht sich für gewöhnlich nach und nach, über viele Jahre hinweg, ein. Scheint der Alkoholkonsum außer Kontrolle zu geraten und können Betroffene ihre Trinkgewohnheiten auch dann nicht einschränken, wenn es deswegen zu Problemen kommt, ist eine Abhängigkeit wahrscheinlich.

Die BZgA bietet einen Alkohol-Selbsttest an, der in der Hinsicht als Orientierung dienen kann.

Alkoholismus-Symptome: Woran Sie Alkoholiker erkennen

Manche Symptome einer beginnenden Alkoholsucht können Sie den Betroffenen nicht ansehen. Häufig sorgen Scham und Gewissensbisse dafür, dass Alkoholiker versuchen, ihren tatsächlichen Konsum zu vertuschen. Unbewusst haben sie womöglich gemerkt, dass sie mehr trinken müssen als früher, um ein berauschendes Gefühl zu spüren. Vielleicht ist ihnen auch aufgefallen, dass ihre Gedanken immer öfter um das nächste Glas Wein, Sekt oder Bier kreisen.

Körperliche Entzugserscheinungen wie Schlafstörungen, Zittern, innere Unruhe, Angst, Schweißausbrüche oder depressive Verstimmungen können sich bei einer Abhängigkeit ebenfalls bemerkbar machen, wenn auf Alkohol verzichtet wird. Dies ist jedoch nicht immer der Fall - auch eine rein psychische Alkoholsucht ist problematisch.

Bei folgenden Warnzeichen, die auch Außenstehende erkennen können, sollten die Alarmglocken schrillen:

  • Der Betroffene hat auch in Gesellschaft seinen Alkoholkonsum regelmäßig nicht im Griff.
  • Es kommt deswegen immer wieder zu Konflikten mit dem Ehepartner oder in der Familie.
  • Verabredungen werden immer öfter abgesagt, der Betroffene scheint sich zurückzuziehen und sich sozial zu isolieren.
  • Der Betroffene wird unzuverlässig, vergisst immer wieder Absprachen und Versprechen, wirkt überfordert.
  • Wahrscheinlich war der Betroffene früher leistungsfähiger und fröhlicher.
  • Ständige Geldknappheit, weil die finanziellen Mittel für Alkohol ausgegeben werden, kann ein weiteres Indiz sein.
  • Der Betroffene wird öfter auf seinen Alkoholkonsum angesprochen oder es wird versucht, ihn in seinem Alkoholkonsum zu bremsen. Er reagiert darauf aggressiv, abwehrend oder versucht, sein Verhalten herunterzuspielen.

Nicht alle diese Symptome müssen zutreffen und einige dieser Anzeichen können auch auf andere Probleme als auf Alkoholsucht hindeuten. Sozialer Rückzug, Verlust der Lebensfreude oder nachlassende Leistung treten zum Beispiel auch bei Depressionen auf.

Was ist das Besondere an Alkoholismus im Alter?

Mit zunehmendem Alter vertragen wir immer weniger Alkohol. Das liegt daran, dass der Wassergehalt der Körperzellen sinkt und somit bereits mit geringeren Mengen Alkohol als früher ein berauschender Promillewert erreicht wird. Außerdem benötigt die Leber im Alter mehr Zeit, um den Alkohol abzubauen. Ältere Menschen müssen zudem häufig Medikamente nehmen, die sich mit Alkohol nicht gut vertragen.

Bei Senioren kommt erschwerend hinzu, dass nicht immer zwischen den Symptomen einer Alkoholabhängigkeit und altersbedingten Verschleißerscheinungen des Körpers und des Geists eindeutig unterschieden werden kann. Wenn Sie an Ihrer Mutter oder Ihrem Vater immer öfter - zusätzlich zu den oben genannten Symptomen - folgende Auffälligkeiten bemerken, könnte jedoch eine Alkoholsucht dahinterstecken:

  • Vermehrte Gangunsicherheit
  • Häufige Stürze, die sich nicht durch eine altersbedingte Gebrechlichkeit erklären lassen
  • Scheinbar unerklärlicher Schwindel oder auffälliges Zittern
  • Regelmäßige Alkoholfahne
  • Häufige Trunkenheit, zum Beispiel betrunkene Anrufe oder immer wieder übermäßiger Alkoholkonsum bei Besuchen und Familientreffen
  • Auffallend oft wird darum gebeten, Alkohol mitzubringen, wenn Sie vorbeikommen
  • Vielleicht stoßen Sie bei Besuchen auch zufällig auf Alkoholverstecke oder entdecken auffällig viele leere Flaschen neben dem Mülleimer

Mit anderen Worten: Achten Sie auf Hinweise, die darauf hindeuten, dass Ihr Familienmitglied seinen Alkoholkonsum nicht mehr im Griff hat, also nicht jederzeit damit aufhören kann, wenn es deswegen zu gesundheitlichen Problemen oder zwischenmenschlichen Konflikten kommt.

Wie kann ich einem Angehörigen mit Alkoholsucht helfen?

Wenn Sie befürchten, ein lieber Mensch in Ihrem Umfeld hat keine Kontrolle mehr über seinen Alkoholkonsum, sollten Sie das Gespräch unter vier Augen suchen. Bei dem heiklen Thema empfiehlt es sich, sich vorher zu überlegen, was Sie Ihrem Angehörigen sagen wollen. Versuchen Sie, nur von sich und Ihren Eindrücken zu sprechen - ohne Vorwürfe zu machen. Erklären Sie zum Beispiel, was Ihnen aufgefallen ist, und dass Sie sich deswegen Sorgen um die Gesundheit des anderen machen.

Es ist gut möglich, dass Ihre ersten Gesprächsversuche vom Betroffenen abgeblockt oder verharmlost werden oder dass er abwehrend bis aggressiv reagiert. In diesem Fall vertagen Sie das Gespräch am besten und haken zu einem anderen Zeitpunkt noch einmal freundlich nach. Machen Sie dabei Ihrem Angehörigen klar, dass sie für ihn da sind.

Sie müssen das aber nicht alleine durchstehen. Es ist eine schwierige Situation, die für alle Beteiligten extrem belastend ist. Angehörige laufen schnell Gefahr, sich selbst gesundheitlich zu gefährden und in Co-Abhängigkeit zu geraten. Bevor Ihnen alles über den Kopf wächst, sollten Sie sich daher selbst auch Unterstützung holen.

Die "Al-Anon Familiengruppen" für Angehörige und Freunde von Alkoholikern bieten Ihnen Selbsthilfegruppen an, in denen Sie Trost und Unterstützung durch Menschen erfahren, die ähnliches erlebt haben wie Sie. Beratung und Hilfe bekommen Sie außerdem bei der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e. V. (DHS), bei der Caritas sowie bei der BZgA und dem Blauen Kreuz.

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