Wastis Welt: Warum schnüffeln seine Zeit braucht

12.12.2019 10:04

Um auf einen weltbekannten Zweibeiner mit einem interessant geformten Kauknochen in der Hand zurückzugreifen: Schnüffeln oder nicht schnüffeln, das ist hier die Frage! Für Dackel Wasti fällt die Antwort eindeutig aus – doch da hat er seine Rechnung ohne sein Frauchen gemacht …

Um Punkt 07:15 Uhr beginnt es: Das leuchtende Rechteck, das Frauchen den ganzen Tag über mit sich trägt, beginnt eine fröhliche Melodie zu spielen. Ich liebe dieses Geräusch! Es bedeutet, dass mein liebes Frauchen endlich aufsteht und wir einen neuen Tag zusammen erleben können. Darum warte ich auch schon ganz gespannt an ihrem Bettende und wedele mit meinem Schwanz. Ich muss einfach zeigen, wie sehr ich sie mag – das gebietet alleine schon der Hunde-Anstand.

Dann geht es los, mein Frauchen steht auf, krault mir kurz den Kopf und schlurft ins sogenannte „Badezimmer“. So ist das immer: Erst erledigt sie ihr Geschäft, dann bin ich dran. Wie sie in diesem winzigen Raum allerdings zufriedenstellend Gassi gehen kann, verstehe ich wirklich nicht. Naja, Zweibeiner sind eben keine Vierbeiner, wie ich immer zu meiner Nachbarshündin zu sagen pflege. Hm, wie lange das wohl noch dauert? Langsam werde ich hibbelig: Ein Hund muss, wenn ein Hund muss.

Was in der Zwischenzeit wohl schon alles passiert ist?

Ah! Endlich! Frauchen kommt aus dem Badezimmer, beginnt sich anzuziehen und greift nach der Leine. Ich kann kaum noch an mich halten: Es geht raus! Wie lange ist das schon her, dass ich die Duft-Zeitung der Nachbarschaft gelesen habe? Beinahe schon neun Stunden. Was in der Zwischenzeit wohl schon alles passiert ist? Ich hoffe diese rüpelhafte Dogge hat sich nicht wieder in mein Revier verirrt. Wenn ich den nur noch einmal persönlich vor meinem Haus erwische! Bei dem Gedanken entwischt mir ein kleines Bellen und Frauchen erklärt: „Ja, ja, Wasti. Ich weiß doch, dass Du raus willst. Na komm!“

Kaum öffnet Simone die Tür, strömen mir die unterschiedlichsten Dürfte entgegen. Feuchter Regen, der auf die Straße prasselt. Die verschiedenen Autos, welche die Straße entlanggefahren sind. Aber nun erstmal zu den wichtigen Dingen. Schnurstracks gehen wir zu meiner liebsten Grünfläche und ich erledige mein Geschäft. Das war die Eins. Nun kommt Punkt zwei der Tagesordnung: das Schnüffeln.

Frauchen scheint mich manchmal einfach nicht zu verstehen!

Weißt Du, eine gute Schnüffelei am Morgen ist für uns Hunde, wie das Zeitunglesen am morgentlichen Frühstückstisch für Euch Menschen – nur viel spannender. Schließlich geht es hier nicht um irgendwelche Zweibeiner, die sich irgendwo in der Ferne ganz und gar nicht riechen können. Es geht dabei um die ganz wesentlichen Dinge: Wer hat an meinem Baum geschnüffelt? War die böse Dogge hier? Hat meine Cocker Spaniel Freundin mir ihre Duft-Grüße da gelassen – und wie lange ist das her? Ob ich sie wohl bald wiedersehen kann? Das Spielen mit ihr macht mir immer so ei – plötzlich zuckelt Simone an meiner Leine und reißt mich aus meinen Gedanken: „Komm schon, Wasti. Es regnet, es ist kalt und Du bist doch schon fertig. Ab nach Hause!“

Nein, ich verstehe wirklich nicht, warum ich jetzt gehen sollte! Ich warte immer so brav darauf, dass Frauchen mit ihrem Geschäft fertig ist. Wenn sie ihre langweiligen Nachrichten im Fernsehen verfolgt und ein böses Eichhörnchen sich nähert, belle ich sogar extra nur ganz leise! Ich stelle mich stur und bleibe weiter stehen: Nur noch einmal schnüffeln. Doch Simone bleibt unerbittlich. Na gut, dann eben die harte Tour: Ich sehe sie von unten herauf mit meinem süßesten Dackelblick an – aber auch der scheint an ihr abzuprallen. Also manchmal sind Menschen wirklich egoistisch. Ich gebe mich geschlagen und gehe mit Frauchen zurück ins Haus.

Schnüffeln nur bei Sonnenschein?

Wieder im trockenen kniet sich Simone zu mir herunter und tätschelt mir den Kopf: „Wenn schönes Wetter ist, nehmen wir uns wieder mehr Zeit zum herumstromern, Wasti. Ich weiß doch, dass du gerne schnüffelst.“ – Na, wenigstens sieht sie es ein. Wenn sie so lieb mit mir spricht und mich dann auch noch hinter dem linken Ohr krault, kann ich ihr einfach nicht lange böse sein. Bestimmt versteht sie schon, dass ein echter Hund einfach schnüffeln muss. Schließlich ist die Nase unser leistungsstärkstes Organ! Besonders Urin und weitere Hinterlassenschaften anderer Vierbeiner sind interessant. Natürlich ist essen tabu, das habe ich schon gelernt. Aber so ein guter Schnüffler, verrät so viel! Ob nur zu Besuch, ein dominanter Eindringlich, Freund oder Feind – diese ganzen Fakten kann ich mir meiner Nase erschnüffeln.

Als Frauchen am Abend dann wieder Nachrichten guckt, linse ich am Schluss selbst nochmal interessiert auf die Flimmerkiste. Eine nette blonde Frau erklärt, dass uns morgen früh strahlender Sonnenschein erwartet. Wenigstens eine sinnvolle Neuigkeit in den Menschennachrichten, denke ich mir und freue mich insgeheim schon auf meine morgige Schnüffeltour. Ob meine Hundefreundin wohl auch mit der Schnüffel-Intoleranz ihres Herrchens zu kämpfen hat? Nächstes Mal, wenn wir uns sehen, muss ich sie das unbedingt fragen …

WASTIS PLÄDOYER AN DIE HERRCHEN UND FRAUCHEN DIESER WELT

Natürlich verstehen wir Hunde Euch, wenn ihr nicht lange im Regen stehen wollt. Schließlich habt Ihr kein warmes uns schützendes Fell. Dennoch solltet Ihr wissen, dass ungestörtes Schnüffeln für uns einfach wahnsinnig wichtig ist. Nur dadurch bringen wir in Erfahrung, was in unserer Umgebung überhaupt so los ist. Es ist einer unserer Urinstinkte, die Lage zu erschnüffeln. Auch darum ist eine Hundenase einfach unschlagbar. Darum bitte ich Euch: Lasst uns schnüffeln – und das ungestört!

Am besten lest ihr dazu den Beitrag „Wie nimmt ein Hund die Welt wahr?“

Quelle