Zuckerschock und 5 andere häufige Erziehungsmythen

04.12.2020 09:37

Es gibt beim Thema Erziehung ganz unterschiedliche Typen: Manche Eltern handeln schlicht nach Bauchgefühl, andere geben das weiter, was sie selbst als Kinder gelernt haben, und wieder andere lesen Ratgeber und besprechen sich mit Eltern aus dem Bekanntenkreis.

Wie man es auch macht, vor Denkfehlern ist wohl niemand ganz gefeit. Zum Glück ist das in der Regel auch nicht schlimm. Manchmal können sich solche Denkfehler in der Erziehung aber auch rächen: Entweder führen sie zum Gegenteil von dem, was man erreichen wollte, oder sie verursachen nur unnötigen Stress.

Aus diesem Grund werden hier 6 häufige Erziehungsmythen richtiggestellt:

1. AUSFRAGEN

„Wie war’s in der Schule?“ „Gut.“ „Was habt ihr gelernt?“ „Viel.“ – Informationen aus Kindern herauszulocken, kann ganz schön mühselig sein. Der häufigste Fehler ist dabei, dass Eltern denken, nur tief genug bohren zu müssen. Um mit Kindern ins Gespräch zu kommen, ist es aber oft hilfreicher, selbst von sich und seinem Tag zu erzählen.

Fazit: Keinen Fragenkatalog abarbeiten, sondern eine lockere, kommunikative Atmosphäre herstellen.

2. ZUCKERSCHOCK

Einer der hartnäckigsten Mythen: Zucker macht Kinder aufgedreht. Viele Eltern meinen, das aus eigener Erfahrung bestätigen zu können. Und ist Zucker nicht reinste Energie?

Fakt ist: Zu viel Zucker ist ungesund. Aber ein Kind ist kein Duracell-Hase und ob die Energie, die in Zucker steckt, in Bewegung oder Fettpolster umgewandelt wird, hängt von anderen Faktoren ab. Besonders viel Zucker gibt es meist zu besonderen Anlässen – und besondere Anlässe machen Kinder aufgeregt. Oft kommt noch dazu, dass das Kind müde ist und dagegen ankämpft. Statt sich ein schlechtes Gewissen zu machen, sollten Eltern lieber ihrem Kind etwas Ruhe gönnen und für eine entspannte Atmosphäre sorgen.

Fazit: Zucker-Hysterie ist fehl am Platz. Lieber allgemein weniger Süßes verteilen und bei einem „Rappel“ auf die wahren Ursachen eingehen.

3. ZWEISPRACHIGKEIT

Kinder, die zweisprachig aufwachsen, haben später berufliche Vorteile. Daher sprechen manche Eltern zu Hause neben ihrer „Standardsprache“ noch Englisch, Französisch oder sogar Chinesisch.

Doch Zweisprachigkeit birgt Risiken. Beherrschen die Eltern die Fremdsprache nicht ausreichend, verfestigen sich Fehler. Vor allem lassen sich die Feinheiten der Kommunikation – Gefühle, Witz, Zuneigung – in einer Fremdsprache nur schwer vermitteln, was schwerwiegende Folgen für die psychische Entwicklung des Kindes haben kann.

Fazit: Zweisprachigkeit sollte man nicht erzwingen. Eltern sollten in der Sprache mit ihren Kindern reden, in der sie sich selbst zu Hause fühlen.

4. MUSIKUNTERRICHT

Klassische Musik soll intelligent machen, hört man. Bereits im Mutterleib werden Babys mit Mozart beschallt und schon im Kindergarten werden sie zur musikalischen Früherziehung geschickt.

Dass Musizieren die Aufmerksamkeit – und damit den IQ – steigert, stimmt zwar. Denselben Effekt haben allerdings auch das Vorlesen von Büchern und das Hantieren mit dem Chemiebaukasten. Wenn das Kind kein Interesse zeigt, Geige zu lernen, gibt es also keinen Grund, es dazu zu zwingen.

Fazit: Intelligenz entfaltet sich nur dann, wenn die individuellen Interessen des Kindes gefördert werden.

5. PERMANENTES LOBEN

Unter Eltern hat sich herumgesprochen, dass Kinder später erfolgreicher sind, wenn sie positiv denken und an sich selbst glauben. Da ist auch etwas Wahres dran. Doch wenn Eltern immerzu und alles loben, verzerrt sich das Selbstbild des Kindes. Es weiß dann nicht, was es wirklich kann, weicht Herausforderungen aus und verliert den Ehrgeiz, etwas aus eigener Kraft erreichen zu wollen.

Fazit: Freu dich mit deinem Kind, wenn es stolz auf seine Leistung ist. Lass aber auch Selbstunzufriedenheit zu und spende Trost.

6. FAMILIENAUSFLUG

Die ganze Woche über hat man keine Zeit für seine Kinder. Da soll wenigstens das Wochenende etwas Besonderes sein: Freizeitpark, Kletterhalle, Kindertheater und Paddeltour. Dir gehen die Ideen aus? Dann bleibt doch einfach mal zu Hause.

Kinder brauchen viel weniger Abwechslung, als Erwachsene denken. Im Gegenteil: Sie genießen vertraute Orte wie das Kinderzimmer oder den Spielplatz um die Ecke. Und wenn du mitspielst, ist das viel mehr wert als ein teurer und stressiger Ausflug.

Fazit: Zusammen spielen ist wichtiger, als etwas zusammen zu unternehmen.

Viele Erziehungsmythen und Denkfehler setzen Eltern und Kinder nur unnötig unter Druck. Dieser Dauerstress lenkt von dem ab, worum es in einer Familie wirklich geht: um gegenseitige Aufmerksamkeit, Geborgenheit und Unterstützung. Dass sich das mit der Zeit irgendwann einmal rächt, liegt auf der Hand.

Oft lohnt es sich, sich daran zu erinnern, was einem selbst in der Kindheit wichtig war. 20 Sätze, die garantiert auch deine Kindheit geprägt haben, lässt dieser Artikel wieder aufleben. 

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