Die stern-Enthüllungen zur deutschen Tesla-Fabrik in Brandenburg sorgen für Entrüstung. Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch fordert Konsequenzen, Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) ist "tief besorgt". Die Reaktionen.
Auffällig viele Arbeitsunfälle, gefährliche Umwelt-Havarien: Der stern hat in einer umfangreichen Investigativ-Recherche zahlreiche Missstände am deutschen Standort des US-Autobauers Tesla aufgedeckt. Alle Artikel zur Tesla-Recherche finden Sie hier. Weiteres zu Tesla gibt es am Donnerstagabend um 22.35 Uhr bei RTL zu sehen, die Dokumentation bildet auch den Auftakt für die neue TV-Reihe "stern Investigativ". Die schweren Verstöße in Elon Musks Gigafactory im brandenburgischen Grünheide, über die der stern in seiner aktuellen Ausgabe und auf stern.de berichtet, werden scharf kritisiert.
stern-Enthüllungen: Dietmar Bartsch kritisiert Tesla scharf
Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch bringt angesichts der Vielzahl an Arbeitsunfällen einen Entzug der Betriebserlaubnis des Autobauers ins Spiel. "Eine unabhängige Untersuchung der Vorkommnisse ist das Gebot der Stunde", sagte Bartsch dem stern. "Lassen sich die Bedingungen nicht zügig verbessern, sollte letztlich auch über einen Entzug der Betriebserlaubnis debattiert werden." Bartsch sagte weiter: "Die Häufung der Arbeitsunfälle ist inakzeptabel. Das klingt nicht nach Jobs einer Zukunftsbranche, sondern nach Bedingungen aus dem frühen vorherigen Jahrhundert."
Bartsch sieht nun Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) in der Pflicht. "Elon Musk will zum Mars, schafft es aber nicht seine Mitarbeiter auf der Erde zu schützen", sagte Bartsch. "Dietmar Woidke sollte Musk nach Brandenburg zitieren und Aufklärung einfordern. Der Ministerpräsident darf sich aber auch selbst nicht aus der Verantwortung stehlen. Er sollte transparent machen, ob für die Ansiedlung Standards unterlaufen wurden und welche Maßnahmen das Land ergreifen will, um Arbeitnehmer effektiv zu schützen."
Sebastian Walter, Linke-Fraktionschef in Brandenburg, forderte zur vollständigen Aufklärungen einen Untersuchungsausschuss. "Alle Karten müssen jetzt auf den Tisch!", wurde Walter in einer Mitteilung zitiert. "Elon Musk spielt wilder Osten in Brandenburg und die Landesregierung rollt ihm dafür den roten Teppich aus. Um Tesla im Land zu halten wird anscheinend versucht, verdeckt und getrickst."
Auch aus der Union kommen klare Worte. "Die Zahlen der Arbeitsunfälle sind besorgniserregend und deutlich über dem Branchenschnitt", sagte Dennis Radtke, Vizechef des CDU-Arbeitnehmerflügels (CDA), dem stern. "Die zuständigen Behörden und das Unternehmen müssen für Transparenz sorgen. Auch beim Umgang mit Tariflöhnen und Mitbestimmung hat man den Eindruck, dass Regeln für Tesla mit Blick auf Mitarbeiter nur begrenzten Wert haben."
Arbeitsminister Heil "tief besorgt"
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) zeigte sich über die vielen Arbeitsunfälle bei Tesla besorgt. Im RTL/ntv-Interview sagt er: "Arbeitsschutz schützt in Deutschland im Zweifelsfall auch Leben und deshalb bin ich tief besorgt über die Nachrichten, die da über ein großes Unternehmen in die Öffentlichkeit gekommen sind." Heil stellte auch klar: "Ich erwarte von den zuständigen Arbeitsschutzbehörden der Bundesländer, dass konsequent kontrolliert wird, um Gesundheit und Leben zu schützen."
"Gesundheit geht vor Profit – das gilt auch für Tesla in Grünheide", sagte Dirk Schulze, der Bezirksleiter der IG Metall für Berlin, Brandenburg und Sachsen. "Wir sind schon seit längerem besorgt über die Arbeitssicherheit bei Tesla in Grünheide. Zahlreiche Beschäftigte berichten uns von Unfällen und Gesundheitsbelastungen. In einigen Bereichen führt dies zu Krankenständen von bis zu 40 Prozent", hieß es in einer Mitteilung. "Wir fordern das Unternehmen auf, alle Kraft in die Verbesserung der Arbeitsbedingungen, insbesondere der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes, zu stecken."
"Unsere schlimmsten Befürchtungen wurden übertroffen!", teilte die Bürgerinitiative Grünheide und Verein für Natur und Landschaft in Brandenburg e.V. nach den stern-Enthüllungen mit. Regeln scheinen für Tesla in Brandenburg nicht u gelten. Möglich ist das nur durch massives Politikversagen", hieß es.
Der Wirtschaftswissenschaftler Ferdinand Dudenhöffer, Direktor des CAR-Center Automotive Research in Duisburg, verteidigte den US-Autobauer. "Von Tesla wissen wir, dass Elon Musk sehr 'unkonventionell' vorgeht und die Grenzen zu gesetzlichen Vorgaben sehr 'individuell' auslegt", sagte Dudenhöffer dem stern. "Wir brauchen aber Elon als großen Innovator, etwa für Brandenburg und die Autoindustrie." Also müsse man beides miteinander "ins rechte Lot bringen", forderte der Autoexperte. "Elon ins Gefängnis zu werfen bringt nix. Elon alles durchgehen zu lassen geht auch nicht."
Tesla stellt seit März 2022 in Grünheide Elektroautos her. Umwelt- und Naturschützer sehen Gefahren, weil ein Teil der Fabrik in einem Wasserschutzgebiet liegt. Tesla hat Bedenken zurückgewiesen. In der Fabrik in Grünheide arbeiten nach jüngsten Angaben des Unternehmens rund 11.000 Mitarbeiter, die hochgerechnet etwa 250.000 Fahrzeuge im Jahr herstellen. Tesla will das Werk ausbauen.
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