Lange Zeit war eine eiweißreiche Ernährung aktiven Sportlern – vor allem Bodybuildern – vorbehalten. Mittlerweile haben die Proteine aber auch in die Küche von Otto Normalverbraucher Einzug gehalten. Nicht als „Muskelfutter“, sondern als Mittel zur Sättigung in einer Diät dient die Extraportion Proteine mittlerweile vielen Menschen.
Immer mehr Hersteller passen sich dem Ernährungstrend an und bringen besonders eiweißreiche Joghurts oder Nahrungsergänzungsshakes auf den Markt. Dass der Körper das benötigte Protein in den meisten Fällen schon durch eine ausgeglichene Ernährung – etwa durch Linsen oder Quark – aufnehmen kann, wird von den Firmen nur selten erwähnt.
Dass eine erhöhte Zufuhr von Proteinen sogar schädlich für den Körper sein kann, zeigt der Fall einer jungen Frau aus Australien auf tragische Weise. Der Fall mag auf seine Art zwar besonders erscheinen. Ärzte warnen jedoch immer wieder vor einem zu unbedachten hohen Proteinkonsum.
Die 25-jährige Meegan Hefford entdeckte vor etwa fünf Jahren das Training mit Gewichten für sich und konnte bereits einige Monate nach ihrem Einstieg an Bodybuilding-Wettbewerben teilnehmen. Zu den wöchentlichen Sporteinheiten im Fitnessstudio gehörte für sie auch eine disziplinierte Diät.
Sie fühlte sich wohl in ihrem neuen, gut geformten Körper und dachte, dass sie mit dem fast täglichen Training und der eiweißreichen Ernährung etwas Gutes für ihren Körper täte. Dabei wusste sie nicht, dass sie an einer nicht diagnostizierten Harnstoffzyklusstörung litt. Diese sollte ihr in Kombination mit den vielen Proteinen zum Verhängnis werden.
Bei dieser chronischen Erkrankung wird der Abbau von Proteinen im Körper gehemmt, sodass man jeden Tag eine leichte „Überdosis“ an Protein zu sich nimmt. Führt man dem Körper zusätzlich noch mehr Eiweiß zu, beispielsweise in Form von Proteinshakes, kann es zu einem Aufbau von Ammoniak im Blut und erhöhter Flüssigkeit im Gehirn kommen. Teile des Gehirns kollabieren.
Bereits Wochen bevor Meegan bewusstlos gefunden wurde, klagte die junge Mutter über Übelkeit und Schwerfälligkeit. „Ich sagte ihr, dass sie sich im Fitnessstudio überanstrengt und dass sie kürzertreten müsse“, erinnert sich ihre trauernde Mutter Michelle White.
Meegan ignorierte die Symptome und den Ratschlag ihrer Mutter und machte mit dem Training und der Diät weiter wie zuvor. Dazu gehörte viel Fleisch, Eier und vor allem Nahrungsergänzungsmittel in Form von Eiweißshakes. Dies führte zu einem stetigen Anstieg des Proteingehalts in ihrem Körper, ohne dass das Eiweiß schnell genug abgebaut oder in ihren Muskeln verarbeitet werden konnte.
Am 19. Juni 2017 fand man die Mutter von zwei kleinen Kindern bewusstlos in ihrer Wohnung. Man brachte sie sofort ins Krankenhaus. Nur zwei Tage später wurde sie von den Ärzten jedoch für hirntot erklärt. Eine Obduktion stellte einen Zusammenhang zwischen dem übermäßigen Verzehr der Protein-Shakes und der chronischen Erkrankung der jungen Frau her.
„Meegan zu verlieren, ist so schrecklich und ich kann es immer noch nicht ganz glauben“, erklärt Meegans Mutter. Trotz ihrer großen Trauer möchte sie andere Menschen unbedingt vor den Risiken von erhöhtem Eiweißkonsum warnen. Schließlich sei die Harnstoffzyklusstörung unter Laien noch weitgehend unbekannt. „Als ich ihre Wohnung betrat, fand ich ein halbes Dutzend Packungen verschiedener Eiweißpulver“, erzählt Michelle weiter.
Die Wahrscheinlichkeit an dem Harnstoffzyklusdefekt zu leiden, liegt laut einer Studie bei 1:8000. Das ist für eine bislang unbekannte Krankheit nicht wenig! Ob man die Erkrankung entwickelt hat, kann man mithilfe eines Bluttests herausfinden.
Bei Auftreten der typischen Symptome – Erbrechen, Krampfanfälle und Lethargie – sollte man in jedem Fall einen Arzt konsultieren.
Nimmt man ab und zu einen Proteinshake zu sich, besteht in der Regel keine Gefahr einer Überdosierung. Schließlich benötigt der Körper für eine optimale Versorgung 0,8 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht!
Kritisch wird es aber, wenn man diesen Wert regelmäßig überschreitet. Denn dann kann es sogar bei Menschen ohne einen Harnstoffzyklusdefekt zu gesundheitlichen Problemen kommen.
Unangenehme Verstopfung aufgrund von fehlenden Ballaststoffen in der Ernährung oder Belastung der Nieren durch Fettpolster sind meist die Folge. Laut einer Studie des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung verschlechtert eine zu hohe Eiweißzufuhr zudem die Insulinwirkung des Körpers, was wiederum zu einem erhöhten Diabetesrisiko führt.
Experten raten daher grundsätzlich von Nahrungsmitteln ab, denen zusätzlich Proteine hinzugefügt wurden.
Es ist tragisch, was Meegan passiert ist. Umso bedeutender ist es, dass man auf frühe Anzeichen einer Protein-Unverträglichkeit achtet und allgemein die gesundheitlichen Risiken einer übertriebenen Eiweiß-Zufuhr im Blick behält.
Und was denken Sie daran ?