Zwei Milliarden aktive Nutzer hat Facebook nach eigenen Angaben - und ist dadurch eine der wertvollsten Firmen der Welt. Ein ehemaliger Mitschüler Mark Zuckerbergs glaubt nun entdeckt zu haben, dass es nicht mal halb so viele sind. Und dass Zuckerberg das bewusst verschweigt.
Ein gutes Drittel der Menschheit nutzt mindestens einmal im Monat Facebook - das behauptete das soziale Netzwerk zumindest in seinen Quartalszahlen. 2,27 Milliarden unterschiedliche Nutzer sollen laut den letzten Quartalszahlen monatlich auf das Netzwerk zugreifen - und es damit zu einer der wertvollsten Werbeplattformen der Welt machen. Doch nun hegt ausgerechnet ein ehemaliger Mitschüler Mark Zuckerbergs Zweifel.
Mehr als jeder zweite Facebook-Nutzer soll ein Fake-Account sein, behauptet Aaron Greenspan in einem Report, den er auf seiner Analyse-Seite "Plainsite" veröffentlicht hat. Der Bericht beruft sich dabei vor allem darauf, dass die von Facebook veröffentlichen Nutzerzahlen "widersprüchlich und absurd" seien, so Greenspan. So wolle das Netzwerk in jedem Quartal gegen Hunderte Millionen von Fake-Accounts vorgehen, andererseits aber nur zwischen 3 und 12 Prozent falsche Konten auf der Seite haben.
Facebook will Milliarden Accounts pro Jahr löschen
Tatsächlich weist das Unternehmen in einem vierteljährlichen Report seine Bemühungen gegen falsche Accounts aus. Alleine in den ersten neun Monaten 2018 will das Netzwerk laut dem öffentlich einsehbaren Bericht 2,137 Milliarden falsche Accounts abgeschaltet haben - also fast so viele, wie es monatliche Nutzer meldet. Gescheiterte Erstellungsversuche von falschen Accounts sind dabei explizit nicht erfasst. Dabei will das Netzwerk nahezu 100 Prozent der Fakes selbst gefunden haben, nur ein winziger Teil wurde demnach von Nutzern gemeldet.
Greenspan erscheint Facebooks Schätzung von Fake-Accounts, die je nach Angabe zwischen 3-4 und 10 Prozent schwankt, allein auf Basis dieser Zahlen als viel zu niedrig. Er geht von einer Anzahl jenseits der 50 Prozent aus. Dabei berücksichtigt er auch, dass Agenturen, die Fake-Accounts verkaufen, behaupten eine Entdeckungsrate im einstelligen Prozentbereich zu haben. Sie betreiben zum Teil zehntausende Accounts. Solange sie sich dabei nicht auffällig verhalten, sind die für Facebooks automatisierte Suchen kaum als Fakes zu erkennen. Auch Zweitaccounts von Leuten, die ihr Passwort vergessen haben oder einen Account jenseits der Arbeitskollegen haben wollen, werden von Facebook aus denselben Gründen kaum erkannt, so Greenspan.
Facebooks Wert sind seine Nutzer
Würde der Vorwurf zutreffen, hätte das echte Konsequenzen. Facebooks hoher Börsenwert ergibt sich auch aus der Tatsache, dass das Netzwerk zwei Milliarden Nutzer mit Werbung bedient, die genau auf die Nutzer zugeschnitten ist. Sollten über die Hälfte davon Fakes sein, wäre das Geld der Werbenden schlicht verschwendet.
Mark Zuckerberg sei das bewusst, ist sich Greenspan sicher. Seiner Ansicht nach könnte der Facebook-Gründer "der größte Betrüger aller Zeiten" sein. Schließlich bringt das Werbegeschäft Facebook viele Milliarden ein. Als Beleg für seine Annahme enthält die Studie Chats, die einerseits zeigen sollen, das Zuckerberg der Wert der hohen Nutzerzahlen bewusst ist, und ihn andererseits ethische Bedenken nicht aufhalten. "Komm schon, man kann unethisch und trotzdem auf der rechtlich sauberen Seite sein. So lebe ich mein Leben haha", soll Zuckerberg etwa gegenüber einem Kommilitonen geschrieben haben. Viele der Chats sind schon vor längerer Zeit veröffentlicht worden.
Die beiden Männer kennen sich seit der Uni, Greenspan soziales Network "HomeSYSTEM" wird von manchen als Vorbild zu Facebook gesehen. Greenspan gilt als großer Kritiker von Zuckerbergs Umsetzung, der Bericht ist der Gipfel seiner bisherigen Kritik. "Leser können diesen Bericht gerne als voreingenommen betrachten", gibt Greenspan zu. "Sie müssen aber auch beachten, dass er trotzdem korrekt sein kann." Nach eigenen Angaben hatte er zuletzt 2015 mit Zuckerberg gesprochen.
Das sagt Facebook zu den Vorwürfen
Und was sagt Facebook? "Das ist eindeutig falsch", erklärte ein Sprecher per Mail gegenüber "Mashable". In welcher Hinsicht die Vorwürfe falsch sein sollen, ging nicht aus der Erklärung hervor. Nächste Woche hätte der Konzern die Möglichkeit, die Zahlen zu korrigieren, dann werden die Quartalszahlen für die letzten drei Monate von 2018 erwartet. Die Börse wird sicher gespannt lauschen: Nach Veröffentlichung von Greenspans Bericht war Facebooks Aktienkurs erst einmal gefallen.
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