Seit zehn Jahren herrscht in Syrien Krieg. Viele Menschen sind auf der Flucht, vor allem die Kinder leiden unter der Situation. In dieser Altersgruppe ist die Zahl der Suizidversuche alarmierend hoch.
Seit mehr als zehn Jahren tobt in Syrien ein Krieg – anfangs noch mit großer Aufmerksamkeit aus dem Westen verfolgt, mittlerweile beinahe vergessen. Mehr als 600.000 Menschen sind dabei ums Leben gekommen, darunter zehntausende Kinder. Die genaue Zahl ist unbekannt. Vor allem die jüngste Generation im Land leidet massiv unter Gewalt und Vertreibung. Das zeigen auch neue, erschreckende Zahlen der Hilfsorganisation Save the Children.
Besonders schlimm ist die Lage im Nordwesten des Landes. Viele Kinder und Jugendliche sehen dort offenbar keine andere Möglichkeit, als sich das Leben zu nehmen. Fast ein Fünftel der Personen, die sich im vergangenen Jahr umzubringen versuchten, waren Kinder, teilt Save the Children mit. "Die Gewalt und Unsicherheit, die diese Kinder erlebt haben, haben langfristige Konsequenzen für ihre körperliche und seelische Gesundheit", sagte Daniel Gorevan vom Syrien-Büro von Save the Children dem stern.
Krieg seit zehn Jahren – viele Kinder kennen nichts anderes
Etwa die Hälfte der Kinder in Syrien kennt nichts anderes als Krieg im eigenen Land. Viele wurden von ihren Eltern getrennt oder mussten mitansehen, wie Angehörige getötet wurden. Entsprechend schwer wiegen die psychologischen Folgen: Gorevan berichtet von Angstzuständen, Albträumen und Kindern, die ins Bett nässen. In ihren Spielen und den Bildern, die sie malen, zeige sich die Angst und Unsicherheit, die sie täglich erleben. Und immer wieder wählen Kinder den eigenen Tod als vermeintlich letzten Ausweg aus der Hoffnungslosigkeit. So berichtet Save the Children von einem 14 Jahre alten Jungen, der sich in einem Flüchtlingscamp kürzlich das Leben nahm.
Im Nordwesten Syriens leben Tausende Menschen unter katastrophalen humanitären Bedingungen in Flüchtlingslagern und kämpfen um ihr tägliches Überleben. Laut eines Berichts der Welthungerhilfe wissen in Syrien rund 65 Prozent der Bevölkerung – mehr als neun Millionen Menschen – nicht, wie sie sich ernähren sollen. Rund 6,7 Millionen Menschen befinden sich innerhalb des Landes auf der Flucht. Die Corona-Pandemie hat die ohnehin verheerende Lage noch einmal verschärft.
Ein Ende des Konflikts ist weiterhin nicht in Sicht. Dennoch versuchen Organisationen wie Save the Children, den syrischen Kindern Hoffnung zu vermitteln. Dazu gehören Workshops, in denen Kinder lernen, ihre Gefühle auszudrücken, oder gezielte Maßnahmen zur Suizidprävention. Um die nächste Generation in Syrien zu unterstützen, müssten diese Angebote mit internationaler Hilfe ausgebaut werden, fordert Daniel Gorevan.
Der Wiederaufbau liegt auf Eis
Bei einer Geberkonferenz Ende März hatte Deutschland weitere 1,7 Milliarden Euro an Hilfsgeldern für Syrien zugesagt. Dies sei die größte zugesagte Summe seit vier Jahren, erklärte Außenminister Heiko Maas. Hilfsorganisation kritisierten allerdings die mangelnde Bereitschaft, beim Wiederaufbau der zerstörten Infrastruktur mitzuhelfen. Der größte Teil des Landes wird wieder von Präsident Baschar al-Assad kontrolliert. "Ohne einen substanziellen politischen Prozess wird es keinen Wiederaufbau geben", erkannte auch Maas.
Save the Children appellierte gegenüber dem stern an die Bundesregierung, "ein Umfeld zu schaffen, das es Kindern in Syrien erlaubt, sich dort sicher zu fühlen". Dazu gehöre unter anderem Zugang zu Bildung und Ausbildungsmöglichkeiten. Die internationale Staatengemeinschaft müsse sich klar gegen Angriffe auf Schulen aussprechen, zudem solle Deutschland wieder einen Abschiebestopp nach Syrien einführen.
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