Todkranke Patienten, die selbstbestimmt aus dem Leben scheiden wollen, haben kein Anrecht auf den Erwerb eines todbringenden Medikaments. Das entschied das Oberverwaltungsgericht Münster. Doch noch ist der Rechtsweg nicht ausgeschöpft.
Schwerkranke Patienten mit Sterbewunsch haben nach einem Urteil kein Anrecht auf ein todbringendes Medikament. Das hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) für das Land Nordrhein-Westfalen am Mittwoch entschieden und damit eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln bestätigt. Bereits in der Vorinstanz wurden die Klagen von Schwerkranken aus Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und Baden-Württemberg abgewiesen. Sie fordern vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) mit Sitz in Bonn die Erlaubnis zum Kauf des Betäubungsmittels Natrium-Pentobarbital, um sich selbst zu töten.
Laut Betäubungsmittelgesetz ist nach Überzeugung des OVG keine Erlaubnis möglich. Der Gesetzgeber habe hier nicht die Nutzung eines Betäubungsmittels zur Selbsttötung gemeint, sondern zur Heilung von Krankheiten oder Beschwerden.
Richterin: Wir haben es mit schwierigen ethischen Fragen zu tun
Gudrun Dahme, Vorsitzende Richterin in dem Verfahren, sprach zum Auftakt der mündlichen Verhandlung von schwierigen Fällen. "Allerdings nicht unbedingt rechtlich. Wir haben es hier mit schwierigen ethischen Fragen zu tun", sagte Dahme. "Wir müssen aber juristisch entscheiden und sind kein Ethikrat", sagte die Richterin auch in Richtung des Klägers.
Dabei gehe es neben dem Grundrecht auf selbstbestimmtes Sterben um die Abwägung der Suizidprävention und dem Vorbeugen des Missbrauchs von Betäubungsmitteln. Der staatliche Schutz des Lebens stehe im Gegensatz zum Grundrecht auf Sterben.
Das OVG hält es laut seiner Urteilsbegründung mittlerweile in Deutschland für möglich, mit Hilfe eines Arztes oder Sterbehilfeorganisationen aus dem Leben zu scheiden. Das gelte auch für die Kläger. Auch gebe es eine Alternative zu Natrium-Pentobarbital. Auch mit einer Kombination aus verschiedenen, verschreibungspflichtigen Mitteln sei ein selbstbestimmter Tod möglich. "Das vom Bundesverfassungsgericht festgestellte Grundrecht laufe somit nicht ins Leere."
Das OVG äußerte sein Bedauern, dass der Bundestag bislang noch kein Gesetz vorgelegt habe, um das Problem grundsätzlich zu regeln. "Aber weil der Bundestag nicht tätig geworden ist, könne daraus kein Erlaubnisanspruch abgeleitet werden", sagte Dahme in der Urteilsbegründung.
Einig waren sich Gericht und Klägeranwalt, dass das Bundesinstitut das Problem ohnehin nicht lösen könne. Ärzte müssten in Zukunft das Medikament verschreiben.
Das OVG ließ Revision zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zu. Der Anwalt der Kläger hatte bereits vor der mündlichen Verhandlung angekündigt, den Rechtsweg ausschöpfen zu wollen (Az.: 9 A 146/21, 9 A 147/21 und 9 A 148/21).
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