Die Haushaltseinigung der Bundesregierung bedeutet für viele Verbraucher 2024 Mehrbelastungen. Beispielrechnungen zeigen, welche Extra-Kosten auf private Haushalte zukommen.
Das Tauziehen hat ein Ende, der Haushalt 2024 steht. Wochenlang hatte die Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP nach dem Urteil aus Karlsruhe über den Etat fürs nächste Jahr gestritten. Nun hat sie sich auf wichtige Punkte geeinigt – die für Verbraucherinnen und Verbraucher jedoch bedeuten, dass ab 2024 einiges teurer wird als bisher.
Die Koalitionäre vereinbarten unter anderem einen höheren Preis für den Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid. Der CO2-Preis wird stärker angehoben als zunächst geplant: von 30 Euro je Tonne CO2 auf 45 statt nur auf 40 Euro. Das hat vor allem Auswirkungen auf die Kosten für Sprit, Erdgas und Heizöl. Wirtschaftsexperten und Verbände kritisieren hingegen, dass das versprochene Klimageld als Sozialausgleich für steigende Klimaschutz-Belastungen immer noch nicht kommt.
Capital und stern rechnen vor, mit wie viel Mehrkosten viele Menschen künftig rechnen müssen:
Heizen mit Erdgas
Die Anhebung des CO2-Preises von 30 auf 45 Euro werden Verbraucherinnen und Verbraucher im kommenden Jahr bei ihrer Gasrechnung spüren. Laut dem Vergleichsportal Check24 dürften die Gaspreise durchschnittlich um 17 Prozent steigen. Demnach muss ein vierköpfiger Musterhaushalt mit einem Gasverbrauch von 20.000 Kilowattstunden mit jährlichen Mehrkosten von 71 Euro brutto beziehungsweise 60 Euro netto rechnen.
Zusätzlich fällt die Gaspreisbremse zum 1. Januar 2024 weg, wodurch der Vierpersonenhaushalt mit 20.000 Kilowattstunden Gasverbrauch 107 Euro brutto beziehungsweise 90 Euro netto mehr bezahlen muss. Mit der Preisbremse übernahm der Staat 2023 einen Teil der Gaskosten für Verbraucherinnen und Verbraucher. Durch diese Subvention sollten die enormen Preissteigerungen infolge des Ukraine-Krieges abgefedert werden. Die Bundesregierung verlängert die Preisbremsen jedoch nicht.
Zusammengerechnet ergeben die Mehrkosten durch den CO2-Preis und den Wegfall der Gaspreisbremse für einen Vierpersonenhaushalt 178 Euro. Diese Summe wird noch einmal steigen, weil darauf ab März 2024 statt sieben Prozent wieder 19 Prozent Mehrwersteuer anfallen werden. Unterm Strich bilanzieren sich die zusätzlichen Kosten für den Musterhaushalt damit auf 211 Euro.
Die Grünen-Parteivorsitzende Ricarda Lang verteidigt die steigenden Heizkosten. Den Fernsehsendern RTL und ntv sagte sie, dass man mit der Steigung des CO2-Preises auf den Pfad der Großen Koalition aus SPD und CDU/CSU zurückkehre. Die Vorgängerregierung hatte vorgesehen, dass der CO2-Preis 2024 auf 45 Euro steigt.
Zwar würde das die Bürger beim Tanken und Heizen etwas mehr belasten, aber gleichzeitig hätte die Ampel-Regierung "auch große Entlastungen vorangebracht, insbesondere durch die Abschaffung der EEG-Umlage". Damit würden nächstes Jahr rund 85 Prozent der Einnahmen durch den CO2-Preis an Bürger und Unternehmen zurückfließen, so die Grünen-Chefin. Tatsächlich sinken die Nutzungsentgelte, die Kundinnen und Kunden für die Durchleitung des Gases zahlen. Sie minimieren die Mehrkosten aber nur geringfügig.
Strom
Auch beim Strom kommen Mehrkosten auf Verbraucher zu. Eigentlich wollte die Bundesregierung im kommenden Jahr 5,5 Milliarden Euro aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds ausgeben, um steigende Netznutzungsentgelte aufzufangen. Diese Subvention ist nun gestrichen.
Die Entgelte, die die Netzbetreiber für die Durchleitung des Stroms verlangen, zahlt jeder Verbraucher über seine Stromrechnung mit. Im kommenden Jahr werden die Übertragungsnetzbetreiber nun etwa doppelt so viel berechnen wie ursprünglich geplant: Statt etwas mehr als 3 Cent pro Kilowattstunde werden deutlich über 6 Cent fällig, wie die Betreiber am Mittwoch mitteilten.
Laut Check24 muss ein vierköpfiger Musterhaushalt mit 5000 Kilowattstunden Stromverbrauch 2024 mit mehr als 100 Euro zusätzlich für Netznutzungsentgelte auf der Stromrechnung rechnen. Mehrkosten von 46 Euro wären für die Beispielfamilie selbst mit der staatlichen Subvention angefallen, nun kämen noch einmal 56 Euro drauf, rechnet Check24 vor. Das Vergleichsportal nimmt dabei Netznutzungsentgelte von 6,68 Cent statt den eigentlich vorgesehenen 3,19 Cent an.
Abgesehen von der Änderung bei den Netzentgelten hatte die Bundesregierung aufgrund der Haushaltskrise zuvor bereits ein vorzeitiges Ende der Strompreisbremse angekündigt. Statt Ende März 2024 läuft diese bereits zum Jahreswechsel aus. Dadurch entstehen Verbrauchern in teuren Tarifen Mehrkosten – in den allermeisten Fällen aber überschaubare. Selbst Kunden in der tendenziell teuren Grundversorgung kostet das vorzeitige Preisbremsen-Aus laut Verivox im Schnitt 5 Euro im Jahr.
Verbraucherschützer kritisieren, dass durch die Beschlüsse private Haushalte 2024 mehr für Strom bezahlen müssen, während der von der Regierung vorgesehene vergünstigte Industriestrompreis trotzdem kommen soll. Zur Wahrheit gehört aber auch: Viele Haushalte hätten noch deutliches Sparpotenzial, wenn sie selbst aktiv werden und in einen günstigeren Tarif wechseln würden.
Tanken
Wer Benzin tankt, wird ab dem 1. Januar 2024 4,3 Cent mehr pro Liter zahlen müssen, bei Diesel sind es 4,7 Cent. Denn auf die ohnehin beschlossene Anhebung für das nächste Jahr kommen nun wegen des höheren CO2-Preises weitere 1,4 Cent pro Liter Benzin und 1,6 Cent pro Liter Diesel. Das hat der ADAC auf Grundlage der Emissionswerte ausgerechnet. Für einen Liter Benzin fallen beispielsweise 2,4 Kilo CO2, für einen Liter Diesel 2,65 Kilo.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach davon, dass es beim Benzinpreis "sehr geringe zusätzliche Belastungen" gebe. Wer auf das Auto angewiesen ist und häufiger tankt, muss dennoch mit Mehrkosten rechnen. Der ADAC macht folgende Beispielrechnung auf:
Gestern lag der Super-E10-Preis im Tagesdurchschnitt bei 1,711 Euro, zuzüglich der 4,3 Cent wären das 1,754 Euro. Legt man eine Tankgröße von 50 Litern zu Grunde, kostet eine Tankfüllung aktuell also 85,55 Euro, ab Januar wären es auf dieser Basis 87,70. Der gestrige Tagesdurchschnittspreis für Diesel lag bei 1,688 Euro, eine 50-Liter-Tankfüllung kostete also 84,40 Euro. Zuzüglich der 4,7 Cent pro Liter Diesel läge der Preis bei 86,75 Euro.
Neben Steuern nehmen vor allem der Dollarkurs und die Konjunkturerwartungen Einfluss auf den Preis für Rohöl und damit den Sprit. Außerdem schwanken die Preise an den Tankstellen im Tagesverlauf stark. Laut einer Auswertung des ADAC ist es morgens häufig am teuersten und abends eher günstig. Durch die Wahl des richtigen Zeitpunkts ließen sich bis zu 9 Cent pro Liter sparen, sagt der ADAC.
Eine Entlastung für die Zusatzkosten durch die höheren CO2-Preise bringt von Staatsseite die Pendlerpauschale, die im vergangenen Jahr noch leicht angehoben wurde. Verbraucherinnen und Verbraucher können so Kosten für den Arbeitsweg von der Steuer absetzen: Auf den ersten 20 Kilometern sind es 30 Cent pro Kilometer und ab dem 21. Kilometer 38 Cent pro Kilometer.
Der ADAC fordert dennoch, gerade Verbraucherinnen und Verbraucher mit geringen Einkommen in Form einer Kompensation noch in dieser Legislaturperiode zu entlasten.
Mehrwertsteuer
Der Mehrwertsteuersatz beim Erdgas steigt ab März 2024, wie bereits erwähnt, von sieben wieder auf 19 Prozent. Bereits ab Januar 2024 werden außerdem in der Gastronomie wieder höhere Abgaben fällig.
Die Mehrwertsteuer auf Speisen zum Verzehr vor Ort steigt ebenfalls wieder auf 19 Prozent an. Geben Gastronomen diesen höheren Satz eins zu eins an ihre Gäste weiter, wird das Essengehen für Verbraucherinnen und Verbraucher teurer: Alle, die im Restaurant essen wollen, werden dann circa 2 bis 3 Euro mehr pro Speise bezahlen müssen – bei einer vierköpfigen Familie also insgesamt 8 bis 12 Euro mehr. Geben Gastronomen die höhere Mehrwertsteuer nicht eins zu eins weiter, verdienen sie ab dem 1. Januar weniger pro Gericht als bisher. Die Branche fürchtet deshalb bereits Umsatzeinbußen und Jobverluste.
Der Mehrwertsteuersatz in der Gastronomie lag für Speisen in den vergangenen drei Jahren bei nur sieben Prozent, um die Folgen der Corona-Pandemie und später die hohen Energiekosten abzumildern. Auf Speisen, die abgeholt oder geliefert werden, gilt auch weiterhin der niedrigere Steuersatz von sieben Prozent.
Steuerentlastungen
2024 treten verschiedene Steuerentlastungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Kraft. Unter anderem steigt der Grundfreibetrag, bis zu dem gar keine Steuern gezahlt werden müssen, von 10.908 Euro auf 11.604 Euro. Der Kinderfreibetrag erhöht sich von 3012 auf 3192 Euro pro Elternteil und die Freigrenze beim Solidaritätszuschlag für Topverdiener steigt. Nach Berechnungen des Finanzwissenschaftlers Frank Hechtner von der Universität Erlangen-Nürnberg haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer damit mehr Geld zur Verfügung, selbst wenn die Sozialabgaben steigen.
So hat etwa ein kinderloser Single mit 4000 Euro Brutto-Monatseinkommen netto 225 Euro im Jahr mehr zur Verfügung als noch 2023. Eine Familie mit zwei Kindern, bei der beide Eltern 4000 Euro verdienen, wird um 620 Euro entlastet. Bei sehr hohen Einkommen kann der Entlastungsbetrag bis auf 1600 Euro steigen.
Genau auf diese Entlastungen verweist auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD): Die beschlossenen Lohn- und Einkommensteuerentlastungen in Höhe von 15 Mrd. Euro seien weiterhin eingeplant. "Bei denen bleibt’s. Und das betrifft kleine, mittlere Einkommen", sagte er in der ARD-Sendung "Farbe bekennen". Finanzminister Christian Lindner (FDP) betonte im "ZDF-Spezial", dass es "für die breite Mitte der Bevölkerung deutlich spürbare Entlastungen ab dem 1. Januar nächsten Jahres gibt". Wirtschaftsminister Habeck sagte im "Heute Journal": "Es ist nicht nur alles Belastung, sondern wir verteidigen auch die Entlastung."
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