Haustiere sind süß. Katzen sind aber keine Haustiere, sondern kommen direkt aus der Hölle. Unser Autor über die vier Stufen einer Schlacht bis zum bitteren Ende – mit Nachbarskatze Boni.
Es gibt ja ganz liebe Haustiere – Hunde zum Beispiel. Mag ich sehr gern. Oder Hasen, Chinchillas, Wellensittiche meinetwegen. Zum Teufel, ich könnte wahrscheinlich mit einem vom Blutdurst getriebenen Falken im Sturzflug umgehen.
Aber es gibt ein Tier, das jagt mir den Spinat in die Hose: Nachbarin Irmas Mietzekätzchen Boni. Und obwohl ich dieser heimtückischen Kriegsmaschine normalerweise ganz gut aus dem Weg gehen kann: Wenn Irma wiedermal ins Krankenhaus muss, vertraut sie Boni in meine Obhut. Was dann geschieht, ist ein Kampf der Titanen. Marschbefehl!
Stufe 1: Einzug der Gladiatoren
"Damnatio ad bestias" – hört sich nicht gut an, oder? Ist es auch nicht, so hieß im alten Rom nämlich die Todesstrafe (quasi Verdammnis) durch eine Bestie. In der Arena den Löwen (oder Bären, Alligatoren, Tigern) zum Frass vorgeworfen, wortwörtlich.
Doch Boni stürzt sich nicht gleich auf mich. Das verdammte Tier ist grausamer als Hannibal Lecter, zeigt mir die kalte Schulter und geht erst mal in der Wohnung auf und ab. Erstmal.
Den Trick kenn ich. Als sie das zweite Mal bei mir im Hafturlaub war, mimte sie die zahme Katzendame – zu meinem Verhängnis. Kaum kam ich ihr näher, ging sie auf meine Socken los.
Diesmal nicht. Ich halte mich im Hintergrund, lass sie aber nicht aus den Augen. Sie mich auch nicht. Ich schwitze Blut. Das Ding sitzt lauernd im Halbdunkel des Wohnzimmers.
Stufe 2: Psychologische Kriegsführung
Ritsch ritsch ritsch. Stille. Ich blicke vom meinem Buch auf und die Katze ist weg. Ritsch ritsch ritsch macht es dafür. Das kommt von hinter der Couch.
Selbstverständlich mit dem Wasserspritzer bewaffnet gehe ich nachschauen. Boni erwartet mich bereits, grabesstarrer Blick, diese Katze gewinnt jeden Blinzelkampf.
Dann sprintet sie los, vom Blitz getroffen, einmal um meine Beine – ich verrenk mir den Hals, so schnell geht das. Boni springt aufs Fensterbrett: Blumenvase wackelt. Blumenvase fällt. Ich fang sie auf, Boni ist weg. Dann macht es wieder Ritsch ritsch ritsch. Verdammt nochmal!
Die Mietze kümmert sich einen Dreck um mein Sofa. Sie schaut mir geradewegs in die Augen und hebt langsam die Pfote in Richtung Lederbezug – riiiitsch riiiitsch riiiiiiitsch.
Stufe 3: Fieser Häuserkampf
Bevor ihr jetzt weiterlest: Die einzige Tierquälerei, die hier betrieben wird, ist die am Homo Sapiens. An mir nämlich. Das hier hat nichts mehr mit meiner Wohnung zu tun. Ich wurde eingekerkert, in Guantanamo Bay und mein Wärter ist Boni, der Stalin unter den Katzen.
Ich hab sie nämlich nass angespritzt! Mit meinem Wasserspritzer, von Irma überreicht wie ein sterbender König gütig sein stolzes Schwert vererbt: "Hier, wenn die Zeit kommt, sei bereit."
Nicht aber die Couch war der Auslöser: Hurrikan Boni ging aufs Geschirr los! Aufs Geschirr! Welche Katze ist denn an Tellern und Gläsern interessiert, wo nicht mal Wurst drauf liegt?!
Aber nun hatte sie mich, wo sie mich wollte: Am Ende der Straße wo die Warnung angebracht ist: Vorsicht, ab hier keine Nerven. Besser gesagt: Am Abgrund. Natürlich hörte sie nicht auf. Mit gar nichts.
Stufe 4: Ges(tr)andet
Irma, die gute. Sie fand uns beide auf der Couch, erschöpft und resigniert. Boni nass gespritzt, ich mit Löchern in der Sporthose. Wie zwei Boxer.
Natürlich war es nicht ich, der sie unter Kontrolle bekam, sondern der Fernseher. Rattenfänger aller Kinder, heiliger Stromkasten. Eine Tierdoku aus der afrikanischen Savanne – Hyänen, Löwen und Elefanten. Lautes Getröte und Gebrülle – Boni war hin und weg.
Und im weggehen streicht sie dann doch noch um meine Beine, das Miststück. So im Sinne von "Guter Kampf, du Penner. Bis zum nächsten Mal."
Und was denken Sie daran ?