Wenn der Schnupfen nicht mehr weggehen will, Ohren, Augen und Mundraum immer wieder entzündet sind, kann die Autoimmunerkrankung Morbus Wegener dahinterstecken. Wir erklären, was diese seltene Krankheit so gefährlich macht und wie sie behandelt wird.
Was ist Morbus Wegener?
Was sind die Ursachen von Morbus Wegener?
Was sind die Symptome von Morbus Wegener?
Wie erkennt der Arzt Morbus Wegener?
Wie wird Morbus Wegener behandelt?
Wie kann ich Morbus Wegener vorbeugen?
Wie sind die Heilungschancen bei Morbus Wegener?
Was ist Morbus Wegener?
Blutiger Schnupfen, hartnäckige Entzündungen im Nasen-Rachen-Raum, andauernde Nebenhöhlen– und Mittelohrentzündungen sowie wiederkehrende Bindehautentzündungen können auf einen Morbus Wegener hindeuten. Es handelt sich dabei um eine chronisch verlaufende, rheumatisch-entzündliche Erkrankung der Blutgefäße.
Weitere Namen für dieses Krankheitsbild sind Wegenersche Granulomatose, Wegener Granulomatose oder Granulomatose mit Polyangiitis, kurz GPA. Benannt wurde die Krankheit nach ihrem Erstbeschreiber, dem Lübecker Pathologen Friedrich Wegener.
Morbus Wegener ist eine systemische Erkrankung
Typischerweise befällt diese Gefäßerkrankung vor allem die mittleren und kleinen Arterien am Ende des Blutkreislaufs. Begleitet werden die Entzündungen von knotenartigen Verdickungen der Haut an den betroffenen Stellen, den sogenannten Granulomen. Durch die Knötchen kann es zu Durchblutungsstörungenund einer Unterversorgung der Organe kommen.
Ähnlich wie Lupus ist Morbus Wegener eine systemische Erkrankung, das heißt, unbehandelt greift sie auf den gesamten Körper über. Ausgehend vom HNO-Bereich können die Lunge und die Nieren in Mitleidenschaft gezogen werden. Schwere Komplikationen wie eine Lungenblutung oder akutes Nierenversagen können die Folge sein.
Gut zu wissen: Die Wegenersche Granulomatose zählt zu den eher seltenen Krankheiten. Pro Jahr erkranken acht bis zehn Menschen je einer Million Einwohner in Deutschland. Männer und Frauen sind etwa gleich häufig betroffen. Die meisten Erkrankten sind zwischen 50 und 60 Jahre alt.
Was sind die Ursachen von Morbus Wegener?
Warum manche Menschen eine Wegenersche Granulomatose entwickeln, ist nicht abschließend geklärt. Man geht davon aus, dass die Ursache eine Kombination aus erblicher Veranlagung und weiteren Faktoren wie einer Infektion ist, zum Beispiel mit Staphylococcus aureus. Mitunter entwickelt sich ein Morbus Wegener auch als Begleit- oder Folgeerkrankung einer anderen Krankheit, etwa bei Hashimoto-Thyreoiditis.
Die Gefäßerkrankung selbst ist wohl nicht vererbbar, eine Ansteckungsgefahr ist nicht gegeben. Bei Morbus Wegener handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung: Das Immunsystem bildet bestimmte Antikörper, die sogenannten c-ANCA, gegen körpereigene Zellen. Diese greifen Bestandteile der weißen Blutkörperchen an. Die Folge ist eine Entzündung, bei der die Gefäßwände zerstört werden, eine sogenannte nekrotisierende Vaskulitis.
Die Stadien der Erkrankung
Eingeteilt wird Morbus Wegener in zwei Stadien. Anfangs sammeln sich die Immunzellen im Gewebe, wodurch es zur Knötchenbildung kommt. Das umliegende Gewebe stirbt ab, die Blutgefäße entzünden sich.
Dies kann sich durch eine verstopfte Nase, Nasenbluten oder Ohrenschmerzenäußern. Während der Initialphase ist die Krankheit auf eine Körperregion begrenzt, meist zeigen sich die Probleme im Bereich der Nase, der Ohren oder in Mund und Rachen.
In der zweiten Phase befällt die Erkrankung dann die Haut, die Gelenke, die Muskulatur und verschiedene Organe wie Lunge und die Nieren. Im Endstadiumkann eine rasch fortschreitende Nierenentzündung zum vollständigen Funktionsverlust der Nieren führen.
Was sind die Symptome von Morbus Wegener?
Da bei Morbus Wegener das gesamte Organsystem betroffen sein kann, fallen die Symptome von Patient zu Patient sehr unterschiedlich aus.
Zu Anfang sind häufig die Nasenschleimhäute betroffen, die ersten Anzeichen ähneln einer hartnäckigen Erkältung: Die Nase ist chronisch verstopft oder läuft dauerhaft, es kann zu einem blutigen Schnupfen oder Nasenbluten kommen. Unter Umständen bilden sich dunkle Verkrustungen oder die Nasenform verändert sich durch den Gewebeverlust. Man spricht dann von einer Sattelnase.
Spielt sich die Entzündung rund um das Ohr ab, zeigen die Patienten Rötungen, Schwellungen, Blutungen oder Wasseransammlungen. Auch eine Mittelohrzündung, Tinnitus und ein vermindertes Hörvermögen können auftreten. Im Bereich der Augen können ebenfalls Entzündungen und Einblutungen sichtbar sein.
Die Entzündungen können sich auch in Hals und Rachen zeigen, etwa durch Geschwüre im Bereich der Mundschleimhaut, trockenen Husten oder Schluckbeschwerden. Verstärkte Atmung und Sport können die Symptome verschlimmern. Mitunter lassen sich die granulomatösen Veränderungen auch an Lippen, Zunge und Zahnfleisch erkennen.
Der Krankheitsverlauf
Im Krankheitsverlauf können Gelenk- und Muskelschmerzen hinzukommen, seltener ist auch der Magen-Darm-Trakt entzündet.
Greift die Erkrankung auf die Lunge über, husten die Patienten Blut, es kann zu Atemnot und Erstickungsgefahr kommen. Weitere gefährliche Komplikationen sind eine Herzbeutelentzündung und eine Entzündung der Nierengefäße.
Wird das Nervensystem angegriffen, klagen die Patienten über Taubheitsgefühleund Missempfindungen in den Extremitäten. Die Haut verfärbt sich und es können weitere unspezifische Symptome wie Kopfschmerzen, Müdigkeit, Fieber und Gewichtsverlust auftreten.
Wie erkennt der Arzt Morbus Wegener?
Aufgrund der Vielfalt der Symptome ist ein Morbus Wegener oft schwer zu erkennen. Bei Verdacht auf Wegener Granulomatose wird der Arzt den Betroffenenzunächst zu dessen Krankengeschichte befragen, etwa ob blutiger Husten oder Schnupfen aufgetreten ist oder ob Blut im Urin aufgefallen ist. Anschließend wird eine Blutuntersuchung durchgeführt. Lässt sich eine deutliche Erhöhung bestimmter Antikörper feststellen, spricht dies für einen Morbus Wegener. Eindeutig ist die Diagnose dann aber noch nicht, denn eine erhöhte Konzentration von c-ANCA zeigt sich zum Beispiel auch bei Tuberkulose.
Bei vorliegender Wegenerscher Granulomatose zeigt das Blutbild darüber hinaus erhöhte Entzündungswerte, etwa eine erhöhte Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit und eine erhöhte Anzahl bestimmter weißer Blutkörperchen, der sogenannten eosinophilen Granulozyten. Letzteres wird als „Eosinophilie“ bezeichnet.
Um die Verdachtsdiagnose zu stützen, werden weitere Untersuchungen angeordnet. Durch eine Urinuntersuchung kann festgestellt werden, ob die Krankheit bereits auf die Nieren übergegriffen hat. Dies macht sich beispielsweise durch einen erhöhten Kreatinin-Wert oder durch Blut im Urin bemerkbar. Mithilfe einer Röntgenuntersuchung wird abgeklärt, ob die Lunge betroffen ist. Eine Beteiligung von Gehirn und Nervensystem wird im MRT sichtbar. Die für Morbus Wegener typischen Gewebeveränderungen lassen sich auch unter dem Mikroskop nachweisen. Dazu können Gewebeproben aus der Nase entnommen werden.
Wie wird Morbus Wegener behandelt?
Die Therapie hängt vom Zeitpunkt der Diagnose ab. Wird die Wegenersche Granulomatose im Anfangsstadium entdeckt, werden antibiotische, entzündungshemmende und antiallergische Medikamente verordnet, um die Symptome zu bekämpfen. Bei etwa der Hälfte bis zwei Dritteln der Fälle zeigt dies bereits Wirkung.
Sind aber schon Organe wie Niere und Lunge von der Erkrankung betroffen, wird zunächst das Immunsystem medikamentös unterdrückt. Diese Art der Behandlung nennt man Induktionstherapie. Aufgrund der starken Medikamente und Infusionen sprechen manche Patienten hier sogar von einer „Chemotherapie“.
Sobald eine Besserung eintritt, also etwa nach sechs bis zwölf Monaten, wird auf eine Erhaltungstherapie umgestellt. Das heißt, man versucht, einer erneuten Entzündung des Nasen- und Rachenbereichs vorzubeugen. Dieser Wechsel der Medikamente ist wichtig, da die anfangs nötige, hohe Dosis der Immunsuppressiva auf Dauer zu schweren Nebenwirkungen wie einer Entzündung der Harnblase führen kann. Auch das Risiko für eine Krebserkrankung ist erhöht. Der geschwächte Zustand der Patienten macht im Anschluss häufig einen Aufenthalt in einer Reha-Klinik notwendig. Ist die Nierenfunktion dauerhaft eingeschränkt, müssen sich die Patienten einer Dialyse unterziehen.
Wie kann ich Morbus Wegener vorbeugen?
Da über die genauen Ursachen der Wegenerschen Granulomatose nichts bekannt ist, kann man dieser rheumatisch-entzündlichen Erkrankung nicht gezielt vorbeugen.
Wer einmal wegen Morbus Wegener in Behandlung war, sollte genau auf etwaige Krankheitsanzeichen wie Entzündungen im Hals-Nasen-Ohren-Bereich achten. Denn bei über der Hälfte aller Patienten kommt es innerhalb von zwei Jahren zu einem Rückfall.
Je schneller mit der erneuten Behandlung begonnen wird, desto besser lassen sich die Beschwerden lindern und das Risiko für Komplikationen wird gesenkt. Ein gesunder Lebensstil mit ausgewogener Ernährung, mäßig Alkohol und ausreichend Bewegung steigert das allgemeine Wohlbefinden der Patienten.
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Wie sind die Heilungschancen bei Morbus Wegener?
Morbus Wegener ist eine chronische Krankheit. Heilbar ist sie nicht, es wird lediglich versucht, die Symptome zu reduzieren. Ohne geeignete Therapie ist die Prognose schlecht: Unbehandelt greift die Entzündung auf den ganzen Körper über, was zu Hörverlust, Erblindung und sogar zum Tod durch Nierenversagen führen kann.
Bei frühzeitiger Diagnose und konsequenter, individuell abgestimmter Behandlung können schwere Organschäden allerdings verhindert und die Beschwerden minimiert werden. Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt bei 85 Prozent.
Das bedeutet, unter günstigen Voraussetzungen sind fünf Jahre nach der Diagnose und dem Therapiebeginn 85 Prozent der Patienten noch am Leben. Haben die Nieren bereits Schaden genommen, verschlechtern sich die Aussichten.
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