Mehr Netto vom Brutto: Im neuen Jahr profitieren Arbeitnehmer von steuerlichen Entlastungen in Höhe von mehreren Hundert Euro. Ein Steuerexperte rechnet vor, welche Haushalte um wie viel Euro entlastet werden.
Wie es beim Chaos um die Staatsfinanzen weitergeht, ist derzeit unklar. Doch für private Haushalte gibt es in Sachen Geld auch gute Nachrichten: Denn 2024 treten verschiedene Steuerentlastungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Kraft. Sie sorgen dafür, dass viele Familien bei gleichem Gehalt netto mehrere Hundert Euro mehr in der Tasche haben als noch in diesem Jahr.
Wer konkret um wieviel Euro entlastet wird, das hat der Finanzwissenschaftler Frank Hechtner von der Universität Erlangen-Nürnberg berechnet. Die Auswertung, über die zuerst das "Handelsblatt" berichtete und die der Steuerexperte dem stern zur Verfügung gestellt hat, zeigt: Steuerzahler haben 2024 selbst dann mehr im Portemonnaie, wenn man berücksichtigt, dass gleichzeitig die Abgaben für die Sozialversicherung kräftig steigen.
So hat etwa ein kinderloser Single mit 4000 Euro Brutto-Monatseinkommen netto 225 Euro im Jahr mehr zur Verfügung als noch 2023. Eine Familie mit zwei Kindern, bei der beide Eltern 4000 Euro verdienen, wird um 620 Euro entlastet. Bei sehr hohen Einkommen kann der Entlastungsbetrag bis auf 1600 Euro steigen.
Steuerentlastungen, aber steigende Sozialabgaben
Hechtner berücksichtigt bei seinen Berechnungen nicht nur Einkommenssteuer und Solidaritätszuschlag, sondern auch Sozialabgaben. Konkret fließen in die Berechnungen folgende Be- und Entlastungen gegenüber 2023 ein:
- Der Grundfreibetrag, bis zu dem gar keine Steuern gezahlt werden müssen, steigt von 10.908 Euro auf 11.604 Euro.
- Auch die übrigen Eckwerte des Steuertarifs verschieben sich. Die heute geltenden Steuersätze werden also 2024 erst ab einem etwas höheren Einkommen fällig (nur beim "Reichensteuersatz" gibt es keine Entlastung).
- Der Kinderfreibetrag steigt von 3012 auf 3192 Euro pro Elternteil.
- Die Freigrenze beim Solidaritätszuschlag für Topverdiener wird erhöht.
Belastend wirkt demgegenüber, dass die Beitragsbemessungsgrenzen in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie in der Kranken- und Pflegeversicherung steigen. Zudem steigt der Zusatzbeitrag der Krankenkassen im Schnitt von 1,6 auf 1,7 Prozent. Auch die Erhöhung bei der Pflegeversicherung sowie die neuen Zuschläge für Kinderlose (und Abschläge für Kinder), die schon im zweiten Halbjahr 2023 gelten, sind im Jahresvergleich berücksichtigt. Nicht berücksichtigt sind in den Rechnungen Einkommensersatz-, und Transferleistungen, Sozialhilfen und die Kirchensteuer.
Ein Teil der steuerlichen Entlastungen wird somit von höheren Sozialabgaben wieder aufgefressen. Dennoch haben Steuerzahler laut Hechtners Berechnungen unterm Strich meist mehr in der Tasche. Wie viel mehr, das hängt vom Einkommen und der Familiensituation ab. Kinderlose profitieren insgesamt weniger als Familien mit Kindern, wie die folgenden Tabellen zeigen.
Tabelle: Jährliche Entlastung 2024 (gegenüber 2023) bei Einzelveranlagung
mtl. Brutto-Einkommen (in Euro) |
Entlastung Single ohne Kinder (in Euro) |
Entlastung Alleinerziehend, 1 Kind (in Euro) |
1.000 |
21 |
30 |
1.500 |
112 |
‐1 |
2.000 |
141 |
111 |
2.500 |
153 |
161 |
3.000 |
172 |
179 |
3.500 |
196 |
202 |
4.000 |
225 |
233 |
4.500 |
260 |
268 |
5.000 |
292 |
299 |
5.500 |
217 |
238 |
6.000 |
294 |
303 |
6.500 |
375 |
376 |
7.000 |
563 |
455 |
Die Tabellen zeigen, dass der konkrete Entlastungsbetrag bei steigendem Einkommen höher ausfällt (zumindest bis zum Spitzensteuersatz). Heißt: Wer mehr Steuern zahlt, wird grundsätzlich auch mehr entlastet. Der negative Einzelwert bei den Alleinerziehenden erklärt sich laut Hechtner mit der Anhebung der Minijobgrenze und dem damit verbundenen Anstieg der Sozialabgaben in der Gleitzone. Die Tabelle für die Entlastung bei Familien bezieht sich auf ein steuerlich zusammen veranlagtes Paar mit zwei Kindern, das entsprechend Kindergeld beziehungsweise Kinderfreibeträge erhält.
Tabelle: Jährliche Entlastung 2024 für Familien mit zwei Kindern (Splittingtarif)
mtl. Brutto-Einkommen |
monatliches Brutto-Einkommen des zweiten Ehepartners (in Euro) |
|||||||
0 |
1.000 |
2.000 |
3.000 |
4.000 |
5.000 |
7.000 |
10.000 |
|
1.000 |
39 |
78 |
290 |
409 |
453 |
501 |
528 |
744 |
1.500 |
18 |
181 |
357 |
412 |
462 |
514 |
557 |
791 |
2.000 |
‐3 |
290 |
374 |
419 |
473 |
531 |
616 |
840 |
2.500 |
114 |
382 |
395 |
446 |
508 |
568 |
665 |
909 |
3.000 |
263 |
409 |
419 |
473 |
542 |
608 |
736 |
982 |
3.500 |
357 |
430 |
446 |
508 |
579 |
653 |
791 |
1.059 |
4.000 |
380 |
453 |
473 |
542 |
620 |
718 |
847 |
1.137 |
4.500 |
401 |
481 |
506 |
579 |
663 |
775 |
904 |
1.200 |
5.000 |
414 |
501 |
531 |
608 |
718 |
840 |
957 |
1.398 |
5.500 |
297 |
392 |
432 |
520 |
645 |
759 |
899 |
1.454 |
6.000 |
335 |
434 |
482 |
602 |
725 |
823 |
977 |
1.454 |
6.500 |
375 |
480 |
532 |
656 |
783 |
889 |
1.059 |
1.454 |
7.000 |
419 |
528 |
616 |
736 |
847 |
957 |
1.143 |
1.454 |
7.500 |
282 |
401 |
491 |
620 |
740 |
860 |
1.069 |
1.305 |
8.000 |
297 |
444 |
530 |
646 |
775 |
903 |
1.161 |
1.268 |
8.500 |
381 |
528 |
602 |
724 |
861 |
995 |
1.454 |
1.268 |
9.000 |
445 |
596 |
678 |
806 |
947 |
1.091 |
1.454 |
1.268 |
9.500 |
531 |
668 |
756 |
892 |
1.041 |
1.181 |
1.454 |
1.268 |
10.000 |
601 |
744 |
840 |
982 |
1.137 |
1.398 |
1.454 |
1.268 |
15.000 |
1.579 |
1.600 |
1.574 |
1.574 |
1.573 |
1.564 |
1.195 |
1.002 |
Quelle: Prof. Dr. Frank Hechtner, Uni Erlangen-Nürnberg
Neben diesen bereits beschlossenen Steuersenkungen könnte es im neuen Jahr noch weitere geben. Finanzminister Christian Lindner hat erklärt, dass er wegen des höheren Bürgergeldes auch Grundfreibetrag und Kinderfreibetrag noch einmal erhöhen will. Dies soll dann rückwirkend zum 1. Januar 2024 gelten. Die angedachte Erhöhung des Grundfreibetrags würde laut Hechtner zu einer weiteren Entlastung um 33 Euro führen.
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